5. Wasserfarben-Stil
Iwata:
Ms. Iwasaki, sollen wir noch ein wenig über die Items sprechen?
Iwasaki:
Natürlich.
Iwata:
Wie laufen die Gedankengänge ab, wenn man Items für ein "The Legend of Zelda"-Spiel entwerfen soll?
Iwasaki:
Es gibt alle möglichen Items, aber zuerst denkt man immer darüber nach, wo sie hergestellt wurden.
Iwata:
Wo sie hergestellt wurden?
Iwasaki:
Richtig. Ein Item aus Wolkenhort wurde natürlich von den Leuten, die dort leben, entworfen und hergestellt.
Iwata:
Wolkenhort ist ja im Himmel, es existiert also getrennt vom Erdland am Boden.
Iwasaki:
Ja. Und dann stelle ich mir eben alle möglichen Sachen vor. Wolkenhort ist eine recht einfache Kultur, es gibt also nicht unbedingt detaillierte Muster und wunderschöne Verzierungen, sondern eher einfach gehaltene Items. Außerdem verwenden sie Motive aus der vertrauten Umgebung, wie z.B. Wolken oder Vögel.
Iwata:
Sie designen also so, als ob Sie selber eine Bewohnerin von Wolkenhort wären.
Iwasaki:
Ja. Es gibt natürlich viele Dinge, auf denen Vögel zu sehen sind, und ich bin davon ausgegangen, dass auch Schwingen, Krallenabdrücke von Vögeln und der Wind häufig auftauchen würden, deshalb habe ich das Motiv auf dem Schild so gestaltet.
Iwata:
Deshalb ist der erste Schild, den Link in Wolkenhort bekommt, also mit dem Krallenabdruck eines Vogels als Motiv verziert.
Iwasaki:
Richtig. Die Leute aus Wolkenhort mögen eben eher einfache Formen, und als Nächstes standen dann die Items an, die von der Göttin und der antiken Zivilisation gemacht worden sind. Bei denen haben wir uns Dinge vorgestellt, die aus einem mysteriösen Metall oder anderem Material gefertigt wurden, das irgendwie unnatürlich glatt ist.
Iwata:
Ihre Entwürfe entstehen also mit dem Herkunftsort und der entsprechenden Kultur als Hintergrund, so dass jedes Item auch eine eigene Persönlichkeit bekommt.
Iwasaki:
Ja. Ich mache meine Entwürfe so, dass man auf den ersten Blick sehen kann, woher das Item kommt.
Hisada:
Ich habe an der Umgebungsgestaltung von Wolkenhort mitgewirkt. Wenn ich z. B. ein Haus entwerfe, denke ich zuerst darüber nach, ob es aus Holz oder Stein oder aus etwas anderem gebaut ist.
Iwata:
Da fängt Ihre Fantasie schon an.
Hisada:
Ja. Wolkenhort ist ja eine schwebende Insel im Himmel, es wäre also komisch, wenn dort viele Bäume wachsen würden. Der Wind ist dort sehr stark, die könnten also nicht sehr groß werden. Deshalb wären Bäume für die Bewohner von Wolkenhort sehr wertvoll, und daher wäre Holz kein besonders häufig verwendetes Baumaterial. Die Designer und ich haben uns verschiedene Dinge vorgestellt und gesagt: "Die müssen alle aus Ton und Erde sein."
Iwata:
Sie denken also sogar über die Baumaterialien für Gebäude nach.
Hisada:
Ja.
Iwata:
Ich verstehe. Damit die Entwürfe einen natürlichen Eindruck machen, denkt man aus verschiedenen Perspektiven sogar über die Dinge nach, die im Spiel selber gar keine große Rolle spielen.
Hisada:
Das stimmt.
Iwata:
Wo wir gerade vom Design sprechen, der Darstellungsstil war ja diesmal wieder eine ganz eigene Herausforderung.
Hisada:
Ja, stimmt.
Iwata:
Es ist nicht der glatte, fotorealistische Look, der typisch ist für Computergrafik, oder der Cel-Shading-Look aus "The Legend of Zelda: The Wind Waker". Ich habe den Eindruck, dass das Design in eine neue und eigene Richtung gebracht werden sollte. Wie kam es dazu?
Hisada:
Weil ich selber nie so gut bei Videospielen war, wollte ich eine Atmosphäre erzeugen, die auch Leute wie mich schnell in ihren Bann zieht. Also haben wir immer versucht, einen hellen und farbenfrohen Eindruck zu vermitteln. Wenn etwas nicht schon von Anfang an zu einschüchternd aussieht, wird man leichter vertraut damit.
Iwata:
Ich finde wirklich, dass diesmal sogar die Dungeons heller wirken.
Hisada:
Ein weiterer Grund für den hellen Eindruck ist, dass wir uns immer Mühe gegeben haben, den Spielern klare Sicht zu verschaffen.
Iwata:
Wenn das Spiel zu dunkel dargestellt ist, verliert man schnell die Orientierung.
Hisada:
Ja. Wir haben darüber gesprochen, dass es bei diesem "Legend of Zelda"-Spiel nötig ist, alles schnell erkennbar zu machen. Man soll sofort sehen, wo alles ist, wo die Feinde sind und wo man hin soll. Items wie z. B. die Bombe haben wir so gestaltet, dass man sofort sieht, dass man sie benutzen kann.
Iwata:
Sie haben dafür gesorgt, dass die Objekte und Charaktere nicht einfach mit dem Hintergrund verschmelzen.
Hisada:
Das ist richtig.
Iwata:
Aber wenn man es damit übertreibt, fallen die Objekte wieder zu stark auf. War das für Sie auch eine Schwierigkeit?
Hisada:
Ja, darüber haben wir uns am meisten Gedanken gemacht.
Iwata:
Wenn man sich z. B. richtig gute Animationsfilme ansieht, sind die Hintergründe immer wahnsinnig detailliert und realistisch, und die Charaktere, die sich davor bewegen, werden mit einfacheren und kontrastierenden Linien dargestellt. Aber trotzdem wirken sie nicht unpassend.
Hisada:
Das stimmt.
Iwata:
Ich denke, es war bei Ihnen wohl wie bei so einem Animationsfilm. Es gibt jetzt nichts, was unpassend wirkt. Wie konnten Sie das Ihrer Meinung nach erreichen?
Hisada:
Früh in der Entwicklung haben wir nicht nur die Hintergründe, sondern auch die Gegner und Objekte in diesem Wasserfarben-Stil gestaltet, aber da hat sich nichts mehr vom Hintergrund abgehoben - auch die Gegner nicht. Da konnte man gar nicht erkennen, wo man hin sollte. Dann haben wir Half-Toon-Rendering verwendet, das so ähnlich aussieht wie Cel-Shading, um die Charaktere und andere Objekte hervorzuheben.
Iwata:
Aber manche Elemente haben Sie weiter als Cel-Shading-Animation gestaltet.
Hisada:
Ja. Als wir es mit dieser Variante versucht haben, hat es nicht so flach gewirkt wie beim Cel-Shading-Look, sondern eher weich und luftig. Wie Sie vorhin schon über Animationsfilme gesagt haben, wirkten die Hintergründe realistisch und davor haben sich die luftigen Charaktere bewegt, und eigentlich hat das gut gepasst, also dachten wir: "So könnte es klappen!"
Aber dann gab es trotzdem hier und da noch das Problem, dass manche Dinge zu deutlich heraus stachen und andere vor dem Hintergrund untergegangen sind. Danach haben wir die Farben und Helligkeiten immer wieder verändert und überprüft, aber auch die Wasserfarben-Hintergründe, die Beleuchtung, etc.
Iwata:
Oh, Sie haben also alle Elemente sehr fein aufeinander abgestimmt.
Hisada:
Das war viel Arbeit. Am Ende haben wir immer bis in die frühen Morgenstunden an der Feinabstimmung gearbeitet.
Marunami:
Wir mussten wirklich alles einzeln anpassen. Zum Beispiel so Sachen wie Gras und Bäume, bei denen es einfach nur schön ist, wenn sie auf den Spieler reagieren, können ruhig ein wenig an den Hintergrund angepasst werden. Wenn die Spieler sie trotzdem bemerken, ist es ein zusätzlicher Pluspunkt. Aber bei anderen Objekten ...
Iwata:
Wenn die Spieler sie nicht bemerken und die Rätsel deshalb nicht lösen können, kommen sie ja nicht weiter.
Marunami:
Genau. Wir haben alles so angepasst, dass es zum Wasserfarben-Stil passt und die Spieler trotzdem immer sehen, wo alles ist.
Iwata:
Wie war es denn bei den Items?
Iwasaki:
Die Bombe ist jetzt hellblau, aber am Anfang war sie noch etwas dunkler. Wenn man in einem Untergrund-Level war, konnte man sie kaum sehen.
Iwata:
Das wäre aber problematisch, wenn man die Bomben nicht sehen könnte! (lacht)
Iwasaki:
Ja. Also haben wir sie heller gemacht, so dass man sie im Untergrund und an der Oberfläche deutlich sehen kann. Dabei passen sie aber immer noch sehr gut in die jeweilige Umgebung.
Iwata:
Sie haben mit dem Wasserfarben-Stil Erfolg gehabt, weil sich am Ende alle zusammen darum bemüht haben, die ganzen Sachen einzeln anzupassen, die Sie umgesetzt hatten.
Alle:
Ja, stimmt!
6. Für neue Spieler und auch für Mädchen
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