4. Sie stürzen sich nicht allein ins Abenteuer
Iwata:
Wie sind Sie auf diese vertrauenswürdige Helferin namens Phai gekommen?
Fujibayashi:
Bei der Legend of Zelda-Serie braucht man so einen Assistenten.
Iwata:
In einem Spiel, in dem es so viel zu tun gibt, ist es, glaube ich, etwas viel verlangt, von den Spielern zu erwarten, dass sie selbst auf alles kommen und alles allein ohne einen Assistenten entdecken.
Fujibayashi:
Da Link nicht spricht, brauchten wir Phai unbedingt, um Links Gefühle zu vermitteln und die weitreichende Spielwelt zu erklären. Und wenngleich sie die Funktion einer Assistentin hat, so haben wir ihren Charakter doch mit einer gewissen Persönlichkeit versehen, die gut zum Skript passte.
Iwata:
Wenn Link Phai herbeiruft, dann steht diese ihm mit Rat und Tat zur Seite.
Fujibayashi:
Ja.
Iwata:
Mr. Oyama, was ist Ihr Eindruck von Phais Darstellung?
Oyama:
Ich habe das ganze Spiel einmal durchgespielt, als all die verschiedenen Bereich bis zu einem gewissen Grad fertiggestellt waren. Ich hatte dabei aber nicht so sehr das Gefühl, dass ich und Phai gemeinsam ein Abenteuer zu bestehen haben.
Iwata:
Man betrachtet Phai nicht als Partner. Dafür spricht sie zu sachlich.
Oyama:
Ja. (lacht) Link hat keine Ahnung, durch welche Spielfelder er reisen wird, doch Phai weiß alles über die Spielwelt, über den Wald und den Vulkan usw. Daher übernimmt sie die Funktion einer Navigatorin. Wie wir bereits erwähnten, haben wir das Spiel in ein Waldteam, ein Vulkanteam und andere Teams untergliedert, so dass es keine Verbindungen zwischen den einzelnen Spielfeldern gab.
Iwata:
Ich nehme an, jeder konzentrierte sich darauf, seinen Bereich so dicht wie möglich mit Inhalt zu füllen, dass man gar nicht an diese Verbindungen dachte.
Oyama:
Wahrscheinlich. Daraufhin haben wir das Spiel so angelegt, dass Phai jeden neuen Bereich, wie zum Beispiel den Vulkan, zuallererst erklärt. Sie beschreibt, um was für einen Ort es sich handelt und welche Vorsichtsmaßnahmen man treffen sollte. Wir wollten damit untermauern, dass Link bei diesem Abenteuer nicht allein ist.
Iwata:
Wenn Ihnen das gelingt und sie sagen können: “Bei diesem Abenteuer sind Sie nicht allein”, inwieweit verändert das die Einstellung der Spieler?
Oyama:
Ganz entscheidend. Sitzen Sie in der Klemme, dann gibt Phai Ihnen nicht nur Tipps. Es ereignen sich zudem Dinge, die ihre Bedeutung für Link demonstrieren. Sie ist auch in die Geschichte verwickelt. Aber mehr sollte ich nicht verraten.
Fujibayashi:
Ich bat Mr. Oyama, an diesen Verbindungen zu arbeiten, weil mir, nachdem die Bereiche eine gewisse Form angenommen hatten, aufgefallen war, dass die Verbindungen zwischen den einzelnen Bereichen nicht so gelungen waren. Und gerade als ich nach jemandem suchte, der diese Lücken füllen würde, hatte er so oft gute Ideen, dass ich ihn zum „Bandenführer“ der Verbindungselemente machte.
Iwata:
„Bandenführer“? (lacht)
Fujibayashi:
Ich nenne das das “Bandenführer-System”. Zum Ende unserer Arbeit, als ich die ganze Arbeit nicht mehr allein bewältigen konnte und bestimmte Dinge meine Fähigkeiten überschritten, ernannte ich einige „Bandenführer“, die alles noch ein wenig aufpolieren sollten.
Oyama:
Der für den Kerker Zuständige polierte diesen nach seinen Fähigkeiten soweit wie möglich auf. Dieser machte sich dann keine Gedanken mehr über die Verbindungselemente. Also spielte ich jeden Tag alles durch, was bereits fertiggestellt war. Wenn ich irgendwo das Gefühl hatte, das Spiel sei ein wenig dünn geraten, dann sagte ich das sofort und machte Lösungsvorschläge.
Fujibayashi:
Phais Botschaften zu den bestimmten Bereichen wurden von Planern geschrieben. Daher ergaben sich Abweichungen in Phais Ausdruckweise. Ich reduzierte all diese auf kühle Logik und schrieb zusätzliche Texte, wenn eine Botschaft fehlte. Kurz nachdem ich Mr. Oyama zum „Bandenführer“ für die Verbindungselemente ernannt hatte, sagte er Dinge wie: „Bei dieser Botschaft fehlt etwas.“ Und dann nahm ich mich dieser Arbeit mehr und mehr an.
Tominaga:
Mr. Fujibayashi schrieb Unmengen dieser Botschaften! Später, als ich das Spiel noch mal von Anfang an spielte und an diese Stellen kam, an denen Mr. Oyama Verbindungen angebracht hatte, dachte ich: „Ah, jetzt verstehe ich. So sind diese jetzt also miteinander verbunden.“
Iwata:
All die Welten, die ursprünglich von verschiedenen Teams erstellt worden waren, fügten sich so perfekt aneinander.
Oyama:
Ich denke schon.
Fujibayashi:
Ich ernannte Mr. Oyama auch zum Bandenführer für das Betreten von Kerkern.
Iwata:
Oh ja. In unserer letzten Folge von “Iwata fragt” sagten Sie, dass Sie irgendwie die Art und Weise wiederherstellen wollten, in der Link im Originalspiel, The Legend of Zelda, die Kerker betritt.
Fujibayashi:
Ja.
Iwata:
Mr. Oyama, Sie waren doch auch derjenige, der Mr. Fujibayashs Anfrage nach dem Tomp-Tomp-Tomp-Sound erfüllte, nicht wahr?
Oyama:
Ja. Bis jetzt war der Effekt ungefähr so, als würde man durch eine gewöhnliche Tür gehen. Dieses Mal bat er mich jedoch darum, die Atmosphäre des Originalspiels von The Legend of Zelda wiederherzustellen, die beim Betreten eines Kerkers herrscht. Aber hätten wir diesen Aspekt hier genauso gestaltet …
Iwata:
… dann hätte es nicht funktioniert.
Oyama:
Nein. Aber ich beschloss es zunächst einmal so zu versuchen. Der Trittschall klang dann ungefähr wie Tomp-Tomp-Tomp.
Fujibayashi:
Das stimmt.
Oyama:
Aber, wie vielleicht zu erwarten war, passte das überhaupt nicht zu der Atmosphäre des Spiels.
Iwata:
Es passte perfekt zu der Grafik des Originalspiels von The Legend of Zelda. Aber es muss schon eine schwere Aufgabe für Sie gewesen sein, sich einen Soundeffekt auszudenken, der genau zu der neuen Grafik passte, die weder realistisch ist, noch den Look einer „Cel Animation“ hat.
Oyama:
Das stimmt. Ich wollte die Spieler beim Betreten eines Kerkers darauf vorbereiten, an was für einen Ort sie sich begeben, und so Spannung aufbauen. Zum Beispiel, wenn Sie den Vulkan-Kerker betreten, spüren Sie, dass eine Hitzewand Sie berührt.
Iwata:
Erlebt man diesen Effekt nur beim ersten Betreten des Kerkers?
Oyama:
Ja. Bereits beim zweiten Eintreten ruft man die Tomp-Tomp-Tomp-Atmosphäre aus dem Originalspiel von The Legend of Zelda hervor.
Fujibayashi:
Darauf haben wir viel Mühe verwendet. Wir baten unsere auf Filmkunst spezialisierten Mitarbeiter, jedes kleinste Detail, einschließlich der Länge, genau abzuwägen, und sagten: „Mach das ein bisschen länger und das ein bisschen kürzer!“, bis zu wenigen Frames!
Oyama:
Wir passten die Zeit bis zur Ausblendung einer bestimmten Anzahl von Frames an, wie zum Beispiel zehn Frames mehr an einer Stelle. Ich glaube, dadurch ist es uns gelungen, tatsächlich die Atmosphäre beim Betreten eines Kerkers zu erzeugen.
Iwata:
Das habe ich mir noch nicht angesehen. Daher kann ich es jetzt gar nicht erwarten, diesen Kerker zum zweiten Mal zu betreten! (lacht) Das trifft nicht nur auf das zu, was wir gerade besprochen haben. Selbst wenn dieses The Legend of Zelda-Spiel ein immenses Volumen hat, waren Sie doch so gründlich und haben sich mit den kleinsten Details beschäftigt. Warum, meinen Sie, war das so?
Oyama:
Vielleicht konnten wir so allem gründlich nachgehen.
Iwata:
Man hat den Eindruck, dass Sie sogar supergenau vorgegangen sind.
Fujibayashi:
Ein Grund ist die Effizienz unseres „Bandenführer-Systems“. Jeder konnte hier über die Grenzen seines eigenen Bereichs hinausgehen und hatte dabei die Erlaubnis, sich Aspekten des Gesamtprodukts anzunehmen. Dank dieser Vorgehensweise konnten wir so gründlich sein, weil die Verantwortlichkeiten und Aufgaben jedes Einzelnen klar definiert waren.
5. Ein dichtes Spiel, auch für Neulinge
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