Iwata fragt: Nintendo 3DS

6. Erst Frust, dann „Face Raiders“

Iwata:
Mr. Suzuki, worauf haben Sie bei der Erstellung von „Face Raiders“ besonders geachtet?

Suzuki:
Ich hatte zuvor mit HAL Laboratory, Inc. am Allgemeinwissens-Training gearbeitet.

Iwata:
Bei „Face Raiders“ haben Sie auch mit HAL Laboratory zusammengearbeitet, nicht wahr?

Suzuki:
Ja. „Face Raiders“ soll vor allem für Gelächter sorgen, und ich wurde ständig gefragt, ob es nicht von dem Team übernommen würde, das „WarioWare, Inc.: Minigame Mania“ gemacht hatte. Aber tatsächlich saß das Team daran, das die eher ernsthaften Allgemeinwissensspiele erstellt hatte. (lacht)

Kawamoto:
HAL Laboratory hat uns sehr geholfen. Die Hälfte der Mitarbeiter bei „ AR Games“ kam von HAL Laboratory. Außerdem haben sie noch alle möglichen anderen Dinge mit uns erstellt.

Suzuki:
Ich war der Ansicht, da wir zuletzt Allgemeinwissensspiele gemacht hatten, wäre es jetzt mal an der Zeit für etwas, das nichts mit Üben und Bildung zu tun hatte.

Iwata:
Wenn man mehrere Male nacheinander an Software mit ähnlichem Konzept gearbeitet hat, will man mal etwas anderes ausprobieren.

Suzuki:
Genau. Ich wollte ein Spiel machen, das auch diejenigen Spieler interessieren würde, die die Trainings-Software benutzt hatten. Das war eine sehr starke Motivation, als ich mit der Entwicklung von „Face Raiders“ begann.

Iwata:
Ich finde es sehr interessant, wie man in dieser Software nur das eigene Gesicht und die Gesichter von Bekannten sieht. Aber Sie wollten sich damit alleine nicht zufrieden geben.

Suzuki:
Nein. Natürlich hätten wir uns einfach nur mit den Gesichterspäßen begnügen können, um die Spieler zum Lachen zu bringen; aber wir planten schon von Anfang an, noch eine spielerische Pointe hinzuzufügen. Die Spieler sollten das nicht mit einem „Hmhm, nett!“ zur Seite legen, sondern einen wirklichen Wow-Effekt erleben, der zum erneuten Spielen animiert. Was das anging, waren wir wild entschlossen!

Iwata:
Je mehr man spielt, desto mehr Spielelemente entdeckt man. Das war jedenfalls der Eindruck, den ich von diesem Spiel gewonnen habe.



Suzuki:
Als wir die ersten Experimente mit den Gesichtermanipulationen durchführten, ergaben sich viele wirklich interessante Dinge. Man konnte die Gesichter durch Montagen verändern, und alle hatten so viele umwerfende Ideen, dass wir beschlossen, dass man all diese Dinge auf seinen Gegner anwenden können sollte.

Iwata:
Ehrlich gesagt haben sowohl „Face Raiders“ als auch „AR Games“ so viel Substanz, dass es fast schade ist, dass sie nur Extras für das Nintendo 3DS-System sind.

Suzuki:
Ja, am Ende ist es uns gelungen, viele Elemente hineinzupacken. (lacht) Da das Wort „Face“ im Titel auftaucht, hatten wir vor, jeden Gesichtertrick da hineinzustopfen, den wir hatten. Aber die Tatsache, dass der Morphing-Effekt bei den Entwicklern so unglaublich populär war, hat uns wirklich frustriert.

Iwata:
Sie haben das Gefühl, gegen den Morphing-Effekt verloren zu haben?

Suzuki:
Ja. Aber wir wollten gewinnen – so oder so. Ganz am Ende der Entwicklung haben wir dann ein Element hinzugefügt, das folgendermaßen funktioniert: Wenn ich beim Spielen die Außenkameras auf Sie richte, Mr. Iwata, während Sie hier vor mir stehen, verwandelt sich das Gesicht meines Gegners in das Ihre.

Iwata:
Das System kann das reale Bild auf dem Bildschirm in Echtzeit erkennen; diese Funktion haben Sie für sich genutzt.

Suzuki:
Ja. Der Morphing-Effekt hat uns derart frustriert, dass wir bis zur letzten Sekunde gekämpft haben.

Akifusa:
Aber auch in „Face Raiders“ erscheinen Fotos, die man mit dem Morphing-Effekt gemacht hat, als Feinde, oder?

Suzuki:
Ja. Wir waren so frustriert, dass wir dafür gesorgt haben, dass die mit dem Morphing-Effekt gemachten Fotos auch in „Face Raiders“ verwendet werden konnten. (lacht) So könnte z. B. ganz plötzlich ein Morphing-Foto aus den Gesichtern von Mr. Mizuki und Mr. Kawamoto im Spiel auftauchen.

Akifusa:
Selbst wenn Sie sein Gesicht mit Mr. Kawamotos verschmelzen, wird es für jeden anderen immer noch wie Mr. Mizuki aussehen. (lacht)

Alle:
(lachen)

Iwata:
Es ist trotzdem recht alarmierend, wenn plötzlich ein Bild auftaucht, das man anderswo gemacht hat, oder wenn die im Raum befindlichen Gesichter plötzlich erkannt werden.

Suzuki:
Stimmt. Die Spieler sollten denken: „Huch – wo kommt das Gesicht denn jetzt plötzlich her?“ Wenn es sich immer um das erste Gesicht handeln würde, das sie fotografiert haben, wäre es kein Überraschungseffekt. Dieser Trick war nur aufgrund der Nintendo 3DS-Kamera möglich. Dasselbe gilt für „AR Games“: Man kann jede Menge Bildschirmfotos machen und so detaillierte Aufzeichnungen darüber führen, was man gespielt hat.



Akifusa:
Das Nintendo 3DS-Kamerateam hat all die Spezifikationen für diese Bildschirmfotos abgewickelt. Auch in dieser Hinsicht scheint die Zusammenarbeit an diesem Projekt insgesamt hervorragend funktioniert zu haben.

Iwata:
Auf den ersten Blick scheinen die Themen querbeet zu verlaufen, aber andererseits spürt man die Verbindungen zwischen verschiedenen Teilen aller Spiele und Themen. Und nicht nur das – obwohl Sie alle zu unterschiedlichen Teams gehörten, scheint es, als hätten Sie alle am gleichen Strang gezogen und Ihre Projekte um eine zentrale Idee gestaltet.

Suzuki:
Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir alle in demselben Stockwerk gearbeitet haben.

Akifusa:
Und häufig reichten die Teams in der Umgebung eine bestimmte Art von Spezifikation ein, und das eigene Team dachte dann: „Was machen wir denn jetzt?“

Iwata:
Verstehe … Sie waren also sowohl Kameraden als auch Rivalen.

Kawamoto:
Zunächst dachte ich beispielsweise, dass es besser wäre, die Funktion des Fotografierens von Mii-Charakteren, die es in „AR Games“ gibt, stattdessen in der Nintendo 3DS-Kamera zu haben, also habe ich das mit Mr. Akifusas Team besprochen. Am Ende hatten wir einfach nicht genügend Zeit, also landete die Funktion letztlich doch in „AR Games“, aber derartige Diskussionen führten wir ständig.

Suzuki:
Im Graffiti-Tool der Nintendo 3DS-Kamera gibt es doch die Funktion des 3D-Stifts. Das war ursprünglich eines der Experimente von HAL Laboratory. Als wir das sahen, war uns klar, dass das eine tolle Funktion für die Nintendo 3DS-Kamera wäre, also sind wir damit zu Mr. Akifusas Gruppe gegangen und haben das schließlich von INTELLIGENT SYSTEMS erstellen lassen. Die Interaktionen an diesem Projekt waren recht dynamisch.

Iwata:
Verstehe. Mr. Kuroume, Sie haben schon seit vielen Jahren ein Auge auf die vorinstallierten Programme und Funktionen. Wie fanden Sie es, wenn Ihren Leuten derartige Dinge gelangen?

Kuroume:
Na ja, ich habe heute ja eigentlich nur zugehört, aber wenn ich Sie alle so reden und lachen sehe, frage ich mich unwillkürlich, ob Sie sich wirklich die ganze Zeit über so gut verstanden haben! (lacht)

Alle:
(lachen)

Akifusa:
Na ja, während der Entwicklung waren wir, wie Sie ja jetzt wissen, sowohl Kameraden als auch Rivalen. (lacht)

Kuroume:
Aber etwas derart Umfassendes hätten wir nie geschafft, wenn der physische Abstand zu groß gewesen wäre. Wie Mr. Suzuki schon sagte, arbeiteten alle Mitarbeiter, die die vorinstallierte Software erstellten, in demselben Raum auf demselben Stockwerk.



Iwata:
Nicht alle, aber Sie hatten so viele Leute wie möglich in demselben Raum.

Kuroume:
Ja. HAL Laboratory entwickelte ein Jahr lang gemeinsam mit uns, und bei ihnen lief es genauso. Danach hatte ich das Gefühl, dass es uns wirklich gut getan hat, in einer derart abgeschlossenen Umgebung arbeiten zu können.

Außerdem haben uns auch Mr. (Satoshi) Furukawa und Mr. (Takako) Masaki vom Software Development & Design Department – die heute leider nicht hier sein können – geholfen, indem sie die separaten Entwicklungsteams als „sektionsübergreifende Abteilung“ koordiniert haben.

Iwata:
Wie auch Sie, Mr. Kuroume, war Mr. Furukawa lange an UI (User Interface) beteiligt; er weiß also, wie unglaublich wichtig Einheitlichkeit ist.

Kuroume:
Da haben Sie Recht. Bei einem solchen Projekt, bei dem so viel vorinstallierte Software in derart zahlreichen Variationen vorliegt, ist Einheitlichkeit unverzichtbar. Alle Elemente müssen zu einem Produkt vereint werden, das die Spieler nicht verwirrt.

Iwata:
Die Mitarbeiter der „sektionsübergreifenden Abteilung“ haben aus all diesen verschiedenen Elementen ein ordentliches Paket geschnürt.

Kuroume:
Stimmt. Und deshalb ist es uns auch gelungen – vom HOME-Menü bis hin zur vorinstallierten Software –, ein Produkt mit echter Nintendo-Atmosphäre zu erstellen.

7. Zu viele Leute
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