5. Größenwahn bezüglich AR Games
Iwata:Okay, dann werde ich jetzt endlich auf „AR Games“ und „Face Raiders“ zu sprechen kommen, zwei Sets von vorinstallierter Software. Wenn ich mich recht erinnere, kamen diese beiden zustande, weil die Wii-Konsole über eine Anwendung namens „Wii Play“ verfügte, und argumentiert wurde, dass das Nintendo 3DS-System etwas Ähnliches haben sollte – „Nintendo 3DS Play“ oder so etwas.
Suzuki:Ja, genau.
Kawamoto:Ich hatte den Eindruck, dass die Sache mit der Frage ins Rollen kam, ob wir den stereoskopischen LCD-Bildschirm für irgendetwas wirklich gut einsetzen könnten.
Iwata:Tatsächlich haben Sie mehrere Spiele erstellt, die 3D verwendeten, und hatten mehrere etwas andere Dinge als Prototypen, aber damit fing es an: Sie haben zwei potenzielle Kandidaten aus den Prototypen ausgewählt und diese dann aufgepeppt. War es so?
Kawamoto:Lassen Sie mich mal überlegen … Ja, doch, ich glaube schon. Diejenigen, die AR verwendeten, kamen besonders gut an.
Suzuki:Ich glaube, es begann mit der Idee, dass Mr. Kawamoto und seine Gruppe AR erstellen sollten, die Karten verwendete, und dass wir uns mit AR befassen sollten, die keine Karten verwendete.
Iwata:Ah, verstehe. Deshalb hat Mr. Kawamotos Team die „AR Games“ erstellt, welche AR-Karten nutzen, und Mr. Suzukis Team hat „Face Raiders“ gemacht, das ohne die Karten auskommt.
Suzuki:Deshalb könnte man eigentlich beide als „AR Games“ bezeichnen. Obwohl die Endprodukte natürlich völlig verschieden sind. (lacht)
Iwata:Ja, es kamen in der Tat völlig verschiedene Spiele dabei heraus. (lacht) Fangen wir mal mit den „AR Games“ an, die Mr. Kawamoto mit seinem Team erstellt hat. Es herrscht kein Mangel an technischen AR-Demos, aber was Sie in „AR Games“ geschaffen haben, erscheint mir doch ganz und gar einzigartig.
Kawamoto:Da haben Sie Recht. Ich glaube, man konnte schon vor drei oder vier Jahren regelmäßig AR-Technologie im Internet bewundern, aber wir bekamen die erste Demo in der Bibliothek zu Gesicht; es war etwas, das intern bei uns erstellt worden war – von der Entertainment Analysis & Development Division (EAD), soweit ich mich erinnere.
Iwata:Das war die Demo, die auf der unabhängigen Forschung der Design Technology Group der EAD beruhte, oder?
Kawamoto:Ja. Bei dieser Demo handelte es sich um diejenige AR, die auf dem Nintendo DSi-System lief. Aber wir fanden, dass es nicht reichte, wenn einfach etwas auf einer Karte erschien, und haben das Ganze nur als eine Technologie unter vielen angesehen. Persönlich war ich aber der Meinung, dass da mehr Potenzial drinsteckte.
Iwata:Sie wollten diese Technologie irgendwie an die Öffentlichkeit bringen.
Kawamoto:Ja. Damals wurde ein großer Teil der AR, die man im Internet zu sehen bekam, durch stabilisierte Kameras erstellt, die mit Desktop-PCs verbunden waren. Grafisch wurde dann nicht mehr viel verändert; das Ganze wirkte daher irgendwie unfertig. Aber bei einem Handheld-System kann man die Kamera bewegen, so dass sich das Bild in viele Richtungen ändert. Das hielt ich für einen interessanten Ansatz, und so begannen wir dann mit unseren Experimenten.
Iwata:Das führte dann zu Spielen, bei denen ein 3D-Drache aus einer Kiste springt, bei denen man auf Ziele schießt oder das eigene Mii auf einer AR-Karte erscheint. Ursprünglich war geplant, nur eine AR-Karte mit einem Fragezeichen beizulegen, aber am Ende wurden es sechs! Wie kam es dazu?
Kawamoto:Na ja, das ist wie mit der Geschichte, wie es dazu kam, dass Mii-Charaktere automatisch mit der Kamera erstellt werden können. Als wir die ersten AR-Karten mit einem Fragezeichen machten, haben wir diese verschiedenen Leuten gezeigt und gefragt, ob es okay wäre, so etwas herzustellen. Mr. Miyamoto sagte daraufhin: „Das ist eine Mario-Karte, oder? Kommt da nicht Mario raus?“
Iwata:Ich nehme an, auch das hat er in seinen Bart gemurmelt. (lacht)
Kawamoto:Stimmt, er war wieder am Murmeln. (lacht) Zu diesem Zeitpunkt waren wir mit der Produktion schon recht weit gekommen – als ich das dann hörte, dachte ich: „Oh oh, schlechte Neuigkeiten …“
Suzuki:Ich war damals auch dabei und beobachtete das Ganze vom Rande des Geschehens aus. Es herrschte ein Stimmung, in der ein Nein ganz einfach nicht möglich gewesen wäre. Aber Mr. Kawamoto schien trotzdem mit dem Mut der Verzweiflung zu kämpfen. (lacht)
Kawamoto:Nein, ich habe nicht gekämpft. Vielleicht … vielleicht habe ich … so etwas gesagt wie: „Sie meinen … jetzt? Wir sollten das ab jetzt mit aufnehmen?“ (lacht)
Iwata:Wenn man nur eine AR-Karte eingeplant hat, sieht man die sofortige Erstellung weiterer AR-Karten natürlich erstmal als eine Riesenherausforderung.
Kawamoto:Da wir also weitere Arten von AR-Karten haben würden, mussten wir jede Menge Probleme aus dem Weg räumen – z. B. mussten wir klären, wie Fehlidentifikationen vermieden werden könnten. Es war ein Gefühl, als hätte sich unser Arbeitspensum von einer Sekunde auf die andere versechsfacht. Wir sind zu diversen Teams gegangen und haben um Modelle von Mario oder Samus gebeten. Und während wir daran arbeiteten, dachte ich: „Das ist ja wie ein Mini-'Super Smash Bros'.“
Iwata:Verstehe. (lacht)
Kawamoto:Aber als wir die Karten dann tatsächlich herstellten … AR-Karten mit Charakteren sind einfach toll! Mario und andere Charaktere kommen herausgesprungen … Ich bin wirklich froh, dass wir sie noch hinzugefügt haben.
Iwata:Sie überraschen einen immer wieder, nicht wahr?
Suzuki:Man hat wirklich das Gefühl, dass da eine Figur direkt vor einem steht.
Kawamoto:Wenn man die AR-Karte umdreht, blickt sie in verschiedene Richtungen, und man kann die Blickrichtung auch mit dem Schiebepad ändern.
Iwata:Außerdem kann man die Größe des Charakters ändern und ihn sich bewegen lassen.
Kawamoto:Man kann mehrere Charaktere auf einmal herausholen, es bestehen also zahlreiche unterschiedliche Möglichkeiten für die Spieler. Wir hoffen, sie werden damit nicht nur zu Hause spielen, sondern die AR-Karten auch mit sich führen und ihre Freunde überraschen. Da dies von Anfang an unsere Absicht war, haben wir den Karten in etwa die Größe von Kreditkarten verpasst – so sind sie gut transportabel. Obwohl es auch Stimmen gab, die dafür plädierten, sie in der Größe von Spielkarten herzustellen – schließlich sei Nintendo ja ursprünglich mal ein Spielkartenhersteller gewesen.
Iwata:Das wurde tatsächlich gewünscht? (lacht)
Kawamoto:Mit einer derartigen Größe wäre es aber schwierig gewesen, die Karten in einer Brieftasche unterzubringen. Deshalb haben wir uns für das kleinere Kreditkartenformat entschieden. Allerdings lassen sich AR-Karten besser lesen, wenn sie größer sind. Darüber haben wir uns viele Gedanken gemacht, aber letztlich haben wir die Transportfähigkeit als oberste Priorität betrachtet.
Iwata:Im Gegenzug hatten Sie allerdings auch einen AR-Kartenprototyp, der zu groß gewesen wäre, um ihn mit sich herumzutragen.
Kawamoto:Oh ja. (lacht)
Iwata:Mir wurde eine große AR-Karte mit einem lebensgroßen Mii-Charakter darauf präsentiert. In der Sekunde, in der ich das sah, platzte ich heraus: „Das machen wir zu einem Club Nintendo-Bonus!“ (lacht)
Kawamoto:Das freut mich. Wenn man bei „AR Games“ größere Objekte erscheinen lassen will, muss man nur die AR-Karte größer machen.
Iwata:Das verleiht der Fantasie wahre Flügel. Auf dem Foto, das mir gezeigt wurde, schlief jemand neben seinem lebensgroßen Mii-Charakter. Als ich das sah, wollte ich das sofort selbst ausprobieren – und dieses Foto kam dabei heraus. (lacht)
Suzuki:Tatsächlich!
Kawamoto:Wahnsinn!
Mizuki:Aber Sie schlafen ja gar nicht neben ihm.
Alle:(lachen)
Iwata:Diese Überraschung sollen möglichst viele Leute erleben. Deshalb möchte ich das zu einem Club Nintendo-Bonus machen.
Als Club Nintendo-Bonus haben wir diesmal eine riesige AR-Karte vorbereitet, die man verwenden kann, um sich mit seinem lebensgroßen Mii-Charakter zu fotografieren. Genauere Informationen, z. B., wie viele Punkte man braucht, um die Karte zu erhalten, werden in Kürze auf der Club Nintendo-Website veröffentlicht – also Augen auf!
6. Erst Frust, dann "Face Raiders"
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