Kirby und Kettenhunde bei Zelda
Iwata:
Sie hatten also schon so Ihre Schwierigkeiten mit A Link to the Past, haben es letztendlich aber doch fertiggestellt. Und als Sie eigentlich völlig erschöpft hätten sein müssen, haben Sie ein Spiel für den Game Boy im Rahmen eines Workshops gestartet. Wie kam das?
Tezuka:
Auch daran kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, aber ich glaube, es war eine Menge übrig geblieben, was wir gernnoch erledigen wollten. Vielleicht ging es mir eher so als den anderen Mitgliedern des Entwicklungsteams, weil ich erst später dazu gestoßen war. Ich hegte aber insgeheim den Wunsch, noch mehr zu machen.
Iwata:
Bei einem Spiel wie Zelda hat man bestimmt unzählige Ideen, die man aber längst nicht alle umsetzen kann.
Aonuma:
Ja, das ist ganz normal bei Zelda. (lacht)
Iwata:
Es fing ungefähr zu der Zeit von Super NES an.
Tezuka:
Ich erinnere mich, dass wir in einer etwas seltsamen Verfassung waren, als wir Link’s Awakening gemacht haben. Wir fingen mit der Unbefangenheit eines Workshops an, so dass den Inhalten keinerlei Grenzen gesetzt waren. Wenn man sich das Spiel genau ansieht, kann man das heute noch erkennen. Daher tauchten Figuren auf, die Ähnlichkeit mit
Mario und Luigi haben, und sogar die
Yoshi-Puppen kamen vor.
Iwata:
Figuren wie Mario und Luigi?
Tezuka:
Ja. (lacht)
Iwata:
War das in Ordnung?
Tezuka:
Weil es für den Game Boy war, dachten wir, es wäre schon in Ordnung. (lacht)
Alle:
(lachen)
Aonuma:
Die Grafik gab sowieso nicht so viel her.
Tezuka:
Das stimmt. Alles war in Schwarzweiß. Wir kamen mit dieser lockeren Vorgehensweise ziemlich schnell voran. Vielleicht hat die Entwicklung deshalb so viel Spaß gemacht. Es war, als würden wir eine Parodie von Zelda machen.
Iwata:
Eine Parodie Ihres eigenen Spiels? (lacht)
Tezuka:
Ja. (lacht)
Iwata:
Heute wäre es, selbst bei einem Nintendo-Spiel, schon ein Problem, Figuren zu präsentieren, die Mario und Luigi ähneln.
Tezuka:
Ja, ich würde einen Föhn kriegen. (unverblümt)
Alle:
(lachen)
Nakago:
Und es waren nicht bloß Mario und Luigi, es kam auch eine Figur wie Kirby vor.
Iwata:
Hä?
Tezuka:
Doch…
Kirby kam auch vor. Ich glaube, wir haben um die Genehmigung gebeten, aber...
Iwata:
Oh. (lacht)
Tezuka:
Aber bei HAL Laboratory wird man vielleicht behaupten, davon noch nie gehört zu haben.
Iwata:
Das nehme ich an. Na ja, ich bin mir nicht sicher, wie viele Leute Kirby damals wirklich wiedererkannt haben.
Aonuma:
Aber dieser Charakter kam als einer von Links Feinden vor, und wenn man ihm zu nahe kam, wurde man aufgesaugt! (lacht)
Iwata:
Zu der Zeit war Kirby noch eine relativ neue Figur. Ich glaube, die Leute sahen es als Ehre an, ihn in einem Zelda-Spiel auftreten zu lassen.
Aonuma:
Und die Kettenhunde aus den Mario-Spielen waren auch Feinde. Von einem gewissen Punkt im Spiel an, konnte man sie zu seinen eigenen Verbündeten machen.
Nakago:
Ja, das stimmt! Der SRD-Programmierer entwickelte das Spiel ganz nach seinem Geschmack und so konnte man sich
an einen Kettenhund klammern und mit ihm gemeinsam durch das Spiel gehen, obwohl er vorher ein Feind war, und diesen dazu bringen, vor einem Kerker Blumen zu fressen.
Iwata:
Moment mal! Kettenhunde bei Zelda?
Nakago:
Doch, ganz genau. Und es war völlig normal, dass sie auftauchten. Und auch
Piranha-Pflanzen und Gumbas.
Iwata:
Da waren Sie ja wirklich hemmungslos. (lacht) Heute würden Sie das wohl nicht mehr machen, oder?
Tezuka:
Nein, das glaube ich nicht.
Nakago:
Wenn wir das täten, würden Sie bestimmt ziemlich sauer werden.
Tezuka:
Klar, würde ich sauer werden. (rundheraus)
Alle:
(lachen)
Iwata:
Also, wer hat außer Mr. Tezuka und dem SRD Team noch bei der Entwicklung von Link’s Awakening mitgewirkt?
Tezuka:
Mr. (Kensuke) Tanabe stieß schon ziemlich früh dazu. Er dachte sich die kleineren Events und Dinge wie die
„Strohhalm-Millionär“-Teile aus.
Kensuke Tanabe: Er erstellte die Skripte zu A Link to the Past und Link’s Awakening. Später war er an der Entwicklung einer Vielzahl von Spielen beteiligt, zu denen auch die Metroid Prime-Serien, Chibi-Robo! und Freshly-Picked Tingle’s Rosy Rupeeland zählen. Er ist Mitglied der Software-Planungs- und Entwicklungsabteilung von Nintendo.
(Redaktionelle Anmerkung: Der Ausdruck „Strohhalm-Millionär“ geht auf eine japanische Legende zurück. In Zelda-Spielen ist damit eine Handelssequenz gemeint, bei der Link einen Gegenstand geringen Wertes erhält, den er während seines Abenteuer in einen anderen Gegenstand eintauschen kann, um diesen wiederum einzutauschen, bis er schlussendlich ein einzigartiges wertvolles Objekt als Belohnung erhält.)
Aonuma:
Link’s Awakening stellte den Anfang dar, richtig?
Nakago:
Ja. Damit fing es an.
Tezuka:
Später kam dann Mr. (Yoshiaki) Koizumi hinzu.
Yoshiaki Koizumi: Nach seiner Entwicklungsarbeit an Ocarina of Time und Majora’s Mask war er an der Entwicklung der 3D Mario-Spiele wie Super Mario Sunshine und Super Mario Galaxy sowie der Nintendo DSiWare wie Flipnote Studio beteiligt. Er ist im Software-Entwicklungs-Büro von Nintendo in Tokio tätig.
Iwata:
Ja, das ist schon ein ganz außergewöhnliches Team! (lacht)
Tezuka:
Mr. Koizumi kam ein oder zwei Jahre früher als Grafiker zu der Firma.
Iwata:
Da arbeitete er doch mit Mr. (Yoichi) Kotaben zusammen, richtig? Aber wie funktionierte das denn, wo die beiden doch in völlig verschiedenen Abteilungen waren...
Yoichi Kotabe: Ein Trickfilmzeichner, der beispielsweise die Animation für Heidi gemacht hat. Nach dem er die Fima Toei Animation verließ, kam er zu Nintendo, wo er Charaktere wie Mario entwarf. Derzeit arbeitet er als Freelancer.
Tezuka:
Wir hatten den Eindruck, dass er eine tolle Story machen könnte, deshalb wollten wir ihn für unseren Workshop begeistern.
Iwata:
Also, das wäre heute ganz undenkbar! (lacht)
Tezuka:
Mr. Koizumi war für die
Eröffnungsgeschichte und die Hauptstory verantwortlich. Er ist ein Romantiker, und ich glaube, das zeigt sich auch bei Link’s Awakening. Er war für den gesamten Fluss der Story verantwortlich.
Iwata:
Und was machte Mr. Miyamoto zu dieser Zeit?
Tezuka:
Ich denke, er war gerade mit etwas anderem beschäftigt und hat uns nicht großartig beachtet.
Aonuma:
Oh, genau wie ich zu der Zeit von Spirit Tracks.
Iwata:
(lacht) Ich habe schon von vielen Leuten aus der Entertainment Analysis & Development-Abteilung, längst nicht nur von Ihnen, gehört, dass er ständig beschäftigt ist und ihnen nicht viel Gehör schenkt. Mr. Miyamoto scheint die Prioritäten anders zu setzen. Und wenn er einmal von etwas gepackt ist, überlässt er jeden Anderen sich selbst.
Aonuma:
(nickt zustimmend)
Iwata:
Konnten Sie Link’s Awakening ohne Umwege zum Abschluss bringen?
Tezuka:
Ja. Ich kann mich gar nicht an irgendwelche Umwege erinnern.
Iwata:
Ich dachte, den Zelda-Titeln würde nachgesagt, irgendwann immer zur Leidensaufgabe zu werden.
Tezuka:
Ich erinnere mich, dass die Arbeit sehr viel Spaß gemacht hat. Und als wir fertig waren, erinnere ich mich, dass wir uns darüber unterhielten, wie viel Spaß uns die Arbeit gemacht hat.
Iwata:
Fast so, als wären Sie aus einem Traum erwacht.
Tezuka:
Ach, jetzt habe ich verstanden, was Sie meinen! Genau wie bei dem Spiel! (lacht)
Iwata:
Vielleicht möchten einige unserer Leser jetzt gern Link’s Awakening spielen. (lacht)
Tezuka:
Ich glaube, es macht sogar heute noch Spaß, das Spiel zu spielen!
Teil 3 - Suspekte Typen
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