Die Dragmire-Saga

Autor: Baum


Kapitel 1: Ein Schwert in der Stille

Lange vor den Geschehnissen in „Ocarina of Time“

Dies war die Nacht. Die Nacht des Schicksals. Lange hatte Naboru auf diesen Augenblick gewartet, doch nun, das sie wusste was geschehen würde, lief ihr ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Der Vollmond ging über der Wüste auf. Naboru mochte den Vollmond. Ihr gefiel auch die alte Legende der Hylianer. Nach dieser alten Sage hatte einmal ein Halbgott auf dem Vollmond gelebt und über die Geschicke der Welt gewacht ( s. „Majoras Mask“ ). Dann jedoch hatte er sich in eine sterbliche Frau verliebt, als er wieder einmal vom Himmel auf Hyrule herab blickte. Lange waren die beiden glücklich, doch sie blieb unwiderruflich menschlich und starb. So sagte sich der Gott, von Trauer und Wut über seinen Verlust erfüllt, von der Welt ab. Niemand weiß, was mit der grimmigen Gottheit geschah, die, der Sage nach, der Schutzgott und der erste der Shieka gewesen war. Naboru schüttelte den Kopf und holte sich damit in die Wirklichkeit zurück. Die grimmige Gottheit war nun egal. Sie hatte eine Mission. Sie musste es verhindern. Da die heutige Nacht für die Gerudo-Kriegerinnen heilig war, verweilte keine von ihnen auf den staubigen Straßen der Festung, was es für Naboru nur leichter machte. Doch sie musste vorsichtig sein. Wenn jemand sie bemerkte, dann würde sie sich vor Skivae, der Anführerin der Gerudo, und dem heiligen Gericht „Ohmaz“ verantworten müssen. „Niemand wird mich bemerken“ murmelte sie grimmig. Doch sie musste sich eingestehen: Was sie vorhatte, war reiner Selbstmord. Die heilige Nacht zu entehren war der schlimmste Vertrauensbruch, den die Schwesternschaft kannte und auf dieses Vergehen stand der Tod. Doch tatsächlich zu versuchen ihn zu töten..... Naboru konnte sich keine Strafe auf dieses Vergehen vorstellen. „Verdammt“ fluchte sie, als  die große Fackel am größten Punkt der Gerudo-Festung entzündet wurde, und die Zeremonie einläutete. „Ich komme zu spät“ dachte sie verbittert. „Bis ich im Tempel bin ist es vorbei!“ Dennoch lief sie weiter durch die staubigen Gassen, zwischen den verlassenen Ständen der Händlerinnen hindurch, bis sie schließlich, völlig außer Atem, am riesigen Komplex des Gerudo-Schreins ankam. Die Ritual-Fackel prasselte über ihr, als sie versuchte, den Tempel zu betreten. Doch es gab kein durchkommen. Obwohl es so aussah, als wäre der Weg in die Schatten unter der Festung frei, stieß Naboru auf eine unsichtbare Barriere, die, wie sie wusste, von der Ohmaz geschaffen worden war. „Verdammt, verdammt, verdammt!“ fauchte Naboru. Die Zeit lief ihr davon. Verzweifelt suchte sie nach einem Weg, in den Tempel zu gelangen. Es musste einen Weg geben. Ihr lief die Zeit davon.

Die heilige Halle der Gerudo wurde nur von Fackeln erleuchtet. Die Ohmaz, gleichzeitig Gericht und Herrschaftsinstanz der Geisterwüste, standen in einem dichten Kreis um den steinernen Altar. Der Anblick der Hexen-Armada war irritierend, denn jede der Hexen sah exakt gleich aus (tatsächlich waren sie Schwestern). Man konnte die einzelnen nur unterscheiden, da jede der an die 200 Hexen das Zeichen eines anderen heiligen Elements auf ihrer Brust  trug. Jetzt wichen die Hexen zurück und öffneten den Kreis, gerade so weit, dass Skivae, ihre Führerin, an den steinernen Altar treten konnte. Lange blieb es still. Doch schließlich  erhob Skivae die Stimme: „Wir, der Rat der Gerudo, haben uns heute hier, in der heiligen Halle, versammelt, um gemeinsam die heilige Nacht zu begehen. Heute ist es soweit. Heute werde ich das Kind austragen, das aus dem Samen des Königs 50 Jahre lang in meinem Leib gediehen ist. Heute wird den Gerudo ihr Herrscher geboren!“ Die Ohmaz jubelten schallend. Skivae hob die Hand, um dem Geschrei Einhalt zu gebieten. Als endlich wieder Ruhe in die heiligen Hallen eingekehrt war, sprach sie weiter. „Wie es die Gesetze der Gerudo verlangen, werde ich den König nach seiner Geburt in die Hände der Ohmaz legen. Zwei von euch, ausgewählt nach den Elementen, unter denen das Kind geboren wird, werden ihn aufziehen und ihn die Gesetze und die Magie der Gerudo lehren. Ist die Ohmaz damit einverstanden?“ Kurzes Schweigen, dann trat Koatne, die erstgeborene der Ohmaz, nach vorne und sagte: „Die Ohmaz respektieren die Entscheidung unserer Führerin!“ Skivae nickte, die Hexe trat wieder zurück in den Kreis ihrer Schwestern. Langsam und feierlich, lege Skivae sich auf den Altar, ihr Zermenoienkleid wehte im sachten Wind, der durch die hohen Fenster hereinwehte. Dann atmete sie noch einmal durch und begann, der Wüste ihren König zu gebären.

Naboru kletterte an der Fassade hinauf. Die Ohmaz hatten zwar den Eingang blockiert, aber die alten Hexen hatten sicher nicht damit gerechnet, dass jemand versuchen würde, über das Fenster in den Tempel zu gelangen. Plötzlich hörte Naboru einen Schlag über sich. Sich an der Mauer festkrallend, sah sie nach oben. Die Flamme der heiligen Fackel brannte nun in einem unheimlichen grünen Licht. Die Geburt begann. „Ich muss mich beeilen!“  dachte sie angestrengt. Der Schweiß lief ihr über die Stirn, doch sie kletterte weiter. Mit der Gewandtheit einer Gerude erklomm sie schließlich einen Fenstersims und zog sich mit aller Kraft daran nach oben. Schwer amtend sank sie auf der anderen Seite zu Boden. „Ich habe es geschafft. Ich bin im Tempel!“  Doch nun sah sich die junge Kriegerin vor ein weiteres Problem gestellt. Die seelenlosen Tempelwachen, die von den Ohmaz in eine Art wache Trance versetzt worden waren, pattroulierten in der heiligen Nacht durch den ganzen Tempel. Wie sollte sie in die heiligen Kammern gelangen? Schon hörte sie Schritte. Sie versteckte sich in einer Nische in der Wand und beobachtete, wie eine Gerudo, in prächtige Gewänder und goldene Rüstungen gekleidet und mit einem Kopfschmuck der an einen Löwenkopf erinnerte, um die Ecke kam. Die Tempelwächterin bewegte sich schellen Schrittes, und mit seltsam ausdruckslosen Augen. Als sie nur noch wenige Schritte von Naborus Versteck entfernt war, kam der jungen Kriegerin in der Nische eine Idee. Als sich die Wache mit ihr auf gleicher Höhe befand, schwebte Naboru lautlos hinter sie und schnitt ihr mit ihrem Messer die Kehle durch. „Entschuldige Schwester!“ murmelte sie. „Das Wohl der Schwesternschaft ist wichtiger als das Leben einer Marionette!“ Schnell zog Naboru der Wache die prächtige Rüstung aus und versteckte sie in der Nische, in der sie selbst gerade noch gesessen hatte. Kurze Zeit später marschierte sie als Tempelwache verkleidet durch den Tempel. Oft wurde ihre Tarnung auf eine harte Probe gestellt, und immer wieder musste sie sich daran erinnern, den seelenlosen Blick einer Löwenkopfwächterin nachzuahmen. Als sie endlich vor dem riesigen Steintor der heiligen Halle stand, atmete sie tief durch. Sie war bereit, ihr Leben zu opfern, um die Schwesternschaft, die Geisterwüste und ganz Hyrule zu retten. Die Vision der blinden Seherin durfte sich nicht bewahrheiten. Auch wenn das bedeutete, das die Gerudo für alle Zeit ohne König bleiben würden, und das Geschlecht Dragmire ausstarb. Sie legte die Hand auf den kalten Stein. „Oh Naboru, bist du wirklich so naiv zu glauben, dass ich mich nicht um die Sicherheit meines neuen Körpers kümmere?“   Naboru erschrak. Sie hatte die Worte nicht gehört, und auch nicht selbst gedacht, aber irgendwie hatte sie es gefühlt. Ein unheimliches Gefühl. „Wer bist du?“ fragte sie laut. Da war es wieder, dieses Gefühl. Es fühlte sich an, als würde jemand in ihrem Geist grausamen lachen. „Weißt du es nicht Naboru? Du hast mich doch gesehen, in deinen Träumen und in den Träumen der blinden Seherin!“ Ein Bild erschien vor Naborus geistigem Auge. Das Bild eines schrecklichen Dämons. „Du bist der Großmeister der Finsternis. Du bist Ganon!“ flüsterte sie. „Ja, ich bin der Großmeister der Finsternis. Verbannt von den Weisen!“ (s. „A Link to the Past“) „Was willst du? Ich lasse nicht zu, dass du meinem Volk schadest!“ „Aber willst du deinem Volk nicht selbst schaden, indem du ihnen den König nimmst, den sie so sehnlichst erwarten? Warum nimmst du ihnen die Hoffnung, Naboru? Warum nimmst du MIR die Hoffnung?“ Naboru antwortete nicht gleich. Es stimmte. Doch sie tat es, weil sie wusste, was der König tun würde, mit der Macht, die ihm die Schwesternschaft verleihen sollte. Oder war es möglich das.....“Welche Hoffnung?“ fragte sie. Die Antwort kam so schnell und unvermittelt und so heftig, das Naboru vor Schmerzen zusammensackte. „DIE HOFFNUNG AUF LEBEN! DIE WEISEN VERBANNTEN MICH EINST IN DAS REICH DER SCHATTEN, DOCH ICH WILL WIEDER FREI SEIN! ICH WILL LEBEN. UND MICH AN DENEN RÄCHEN DIE MIR DAS ANGETAN HABEN! UND ICH WILL DIE ULTIMATIVE MACHT. ICH WILL DAS TRIFORCE!“  „Nur über meine Leiche!“ keuchte Naboru. „Dein Tod kommt früh genug. Nun muss ich eilen, kleine Naboru. Denn mit der Hilfe deines Königs, werde ich die Welt in Finsternis stürzen. Merke dir meine Worte Naboru. Ich werde nicht nur der König deines lästigen Volkes sein. Ich werde der König über alles sein. Ich werde ein Gott sein!“ „Nein!“ sagte sie. Doch sie war allein. Allein vor dem Tor zur heiligen Halle. Als sie aufstand und versuchte, das Tor zu öffnen, durchzuckte sie der gleiche Schmerz, wie bei dem Gespräch mit Ganon und in ihrem inneren hallten die Worte wieder „Ich will leben. Ich werde ein Gott sein. Mithilfe deines Königs.... mein neuer Körper!“ „Nein!“ jammerte sie und schlug gegen das steinerne Tor. „NEIN!“

Die Flamme färbte sich schwarz. Blut strömte über den Altar. Er war geboren. Geschwächt und müde erhob sich Skivae von dem Altar. Das Kind, ihr Kind, lag auf einer alten Decke und schlief. „Sein Name lautet Ganondorf Dragmire, nach dem alten Geist Ganon und seinem Vater Revandorf Dragmire. Gemäß den Regeln der Gerudo, werde ich nun zwei unter euch bestimmen, die dieses Kind aufziehen werden. Er ist geboren unter den Elementen....!“ sie sah aus dem Fenster. Der Vollmond stand tief über der Wüste. „Eis!“ dachte sie, dann suchte sie den Himmel nach weiteren Gestirnen an. Dort: der rote Stern, der immer zur Zeit des Sommers über den Himmel zog, und den die Hylianer „Din“ nannten, nach der Göttin der Kraft und des Feuers. „....Feuer und Eis! Demnach gebe ich den König der Gerudo in die Obhut von Koume,“ die Hexe des Feuers unter den Ohmaz trat vor an den Altar und legte eine kleine brennende Kerze, und einen roten Stein neben dem schlafenden Kind auf die Decke. Dann kniete sie nieder , „ und Kotake!“ Kotake, die Eishexe, trat ebenfalls vor den Altar und legte ihrerseits zwei Gaben auf den Tisch. Ein kleines Schälchen mit eiskaltem Wasser, und einen hellblau leuchtenden Stein. Dann ging auch sie neben ihrer Schwester in die Knie. „Von nun seid ihr die Twinrova, und ich lege den Sohn der Wüste in eure Obhut. Erzieht ihn zu einem starken und weisen König!“ Als Skivae die heiligen Kammern verließ, und Koume und Kotake den jungen König aufnahmen und in Richtung des steinernen Tors trugen, bemerkte niemand wie ein dunkler Schatten sie um das Kind legte und umgarnte, bis es schließlich ganz darin eingehüllt war.

Naboru warf die Rüstung und den Helm der Tempelwache aus der Fensteröffnung. Sie hatte versagt. Die Flamme hatte sich schwarz verfärbt. Er war geboren. Und nun, da er unter dem Schutz der Ohmaz stand, und Ganon seinen Körper beherrschte, war sie machtlos. Die steinernen Torflügel schwangen auf, und zwei  Hexen, Koume und Kotake, traten heraus. Sie trugen ein Bündel im arm. „Ah, junge Naboru! Ich nehme an gleich als du die Flamme gesehen hast, bist du herauf gelaufen, wie?“ sagte Koume freundlich. Naboru kochte innerlich. Sie sah hinab auf das Bündel und dachte: „Ich werde mich dir nie unterwerfen. Niemals!“ „So ist es, ehrwürdige Ohmaz!“ sagte Naboru und verneigte sich tief. Kotake lächelte und schlug die Decke zurück. „Begrüße dein Brüderchen, Naboru! Möge der Weg des Königs zu Ruhm führen!“