Nur ein Spiel - Kapitel 15 - Bösartige Drachen und anderes Ungeziefer

Autor: Faylen7


Am frühen Morgen hatte sich Kevin von Link und den anderen verabschiedet. Sein Wagen wurde abgeschleppt und ehrlich gesagt lohnte es sich nicht mehr ihn zu reparieren. Kein Wort bezüglich des gestrigen Abends war gefallen und die jungen Kerle planten, sich auf einem kleinen Ausflug in die nächste größere Stadt mal richtig gehen zu lassen. Link saß gerade, mit graufarbenen Kopfhörern in seinen Ohren im Bus und starrte trübsinnig in das Blau des Himmels. Zelda spukte wieder durch seine Gehirnwindungen und half ihm zurück zu einem kleinen, echten Grinsen. Er sehnte sich so sehr nach ihr, fragte sich, ob das noch normal war, weil er sie doch nur wenige Tage nicht mehr gesehen hatte. Aber warum? Aus welchen dummen Gründen konnte er nicht aufhören an sie zu denken? Hatte er sich etwa in sie... Er schüttelte abtuend den Kopf und gab sich einen Klaps auf seine hohle Rübe. Pat hatte ihm einen Zelda- Soundtrack ausgeliehen und Link ließ sich entführen von beruhigenden Harfe- und Okarinaklängen. Sein Blick wanderte dann überrascht zu einer weiteren Gestalt, die in den Bus einstieg. Sian stand vor ihm und fragte, ob der Platz neben ihm noch frei sei. Sian Johnson, der merkwürdige Typ mit den rätselhaften, roten Augen. Verdutzt antwortete Link mit: „Ja, natürlich“, als er sich die Stöpsel aus den Ohren zog und die Gestalt es sich auf dem Platz bequem machte. Dann startete der Busfahrer den Motor und sie fuhren aus dem Camp heraus. Der Held konnte seine Neugier nicht mehr zügeln und wollte diesen komischen Kerl in ein Gespräch verwickeln, überlegte aber krampfhaft, wie er beginnen sollte. „Wie gefällt es dir eigentlich im schönen Irland, Link“, fragte Sian dann und riss den Siebzehnjährigen aus seinen Grübeleien. „Eigentlich sehr gut.“ Sian beäugte ihn argwöhnisch. „Eigentlich?“ „Nun tu doch nicht so... Ich finde es einfach seltsam, dass selbst hier schon merkwürdige Dinge geschehen und, um ehrlich zu sein, macht es mich stutzig, woher du soviel weißt. Ich kenne dich nicht und ich glaube nicht, dass du mich wirklich kennst.“ „Ich habe nie behauptet dich zu kennen. Ich sagte lediglich, dass ich einige Dinge über dich und Zelda weiß.“ „Ja... aber woher?“ Sian sah ihn nun noch komischer mit seinen roten Augen an und meinte: „Ich denke nicht, dass es gut ist, wenn du das hier erfährst, wo Dutzende Ohren zu hören können.“ Er mochte Recht haben, und Link hielt wieder den Schnabel.

An der nächsten Haltestelle stiegen zwei lustige, sommersprossige Mädchen ein, die Link und Sian auffällig kichernd zu winkten und sich selbstverständlicherweise nur durch Zufall in die Nähe der zwei gutaussehenden Kerle setzten. Und schließlich trampelte noch die Stalkerin Patrizia in den Bus und klimperte wieder mit ihren künstlichen Wimpern. „Kennst du die?“, sagte Link und blickte dümmlich, und verlegen grinsend zu den zwei Irinen, ignorierte aber die dritte im Bunde. „Ja, die wohnen beide in der Nähe der Jugendherberge.“ „Aha“, sagte Link daraufhin. „Du hast wohl Lust auf einen Urlaubsflirt?“, lachte der Rotäugige. „Ich?“ Und Link deutete fragend mit einem Zeigefinger auf seine verwunderte Miene. „Ja, wer denn sonst? Rede ich denn sonst noch mit jemandem?“ „Ähm... nein... natürlich habe ich kein Interesse. Ich hab’ bloß gefragt, weil die beiden uns zu gewunken haben.“ „Die eine ist Marla, die andere heißt Mirette. Ich war mit beiden schon zusammen.“, meinte Sian abfällig. „Aber es hat sich nicht gelohnt.“ „Du lässt ja echt nichts anbrennen, was?“, sagte Link mit großen Augen und legte seine Hände entspannend hinter den Kopf, während Sian bloß mit den Schultern zuckte. Einige Minuten vergingen. Aber dann... „Und du wohnst in diesem Schloss auf dem Hügel?“ „Ja, das tue ich.“ „Bist du adliger Abstammung? Oder wie kommt das?“ „Ja, bin ich. Aber eigentlich interessiert mich das recht wenig. Mein Vater hat sich seinen Adelstitel bereits aberkannt.“ „Stimmt. Davon habe ich schon gehört. Und warum, ich meine, was ist daran so schlimm?“ „Wenn man einen Titel nicht verdient hat, sollte man diesen verschmähen, anstatt sich zu unrecht damit zu kleiden. Ebenso könnte man eine Maske tragen, die etwas wiedergibt, das man niemals gewesen ist, nur um der Wahrheit zu entfliehen.“ Jawohl... der sonst so kluge und wissbegierige Held hatte nichts verstanden. „Und das bitte jetzt ein wenig verständlicher.“ Link grinste und hatte für einen Moment das Gefühl, dieses verworrene Gerede hätte er irgendwann schon mal gehört. Es kam ihm unheimlich bekannt vor... „Er denkt einfach, er hat ihn nicht verdient, okay?“ „Okay.“
„Was okay?“
„Ich habe endlich kapiert, was du gesagt hast.“
„Ach so.“

Irgendwie eine komische Situation, dachte Link. So vertraut und dann doch wieder nicht. Wieder schwiegen sie für eine Weile. Der Bus bretterte über eine holprige, enge Straße, die gefährlich dicht an einem steilen Ufer entlangging. Im sonnigen Hintergrund nichts als das blaue, riesige Meer, welches Dinge verschlang, die außer jeglichem Erfahrungsbereich lagen. „Du weißt also über Zelda Bescheid? Weißt du auch was passiert ist, ähm, wie sie-“, begann der neugierige Heroe. Doch dann entkam Sian ein leises: „Pst“, denn Pat und Trolli auf den beiden Plätzen hinter ihnen hatten schon die Ohren gespitzt. „Gut... ich sag’ nichts mehr“, meinte der Fragende ein wenig frustriert und blickte wieder für viele Minuten aus dem Fenster.

„Du wirst die Antworten auf deine Fragen bald bekommen und vielleicht ist es sogar möglich, dass du deine Erinnerungen zurückerlangst“, meinte Sian nach einer Weile sehr leise. „Meine Erinnerungen? Bin ich denn wirklich...“ Dann murmelte Sian etwas, das der blauäugige Jugendliche unmöglich verstehen konnte. Er sprach in einer anderen Sprache und Link wurde irgendwie warm ums Herz bei diesen Worten, auch wenn es sie nicht verstehen konnte. „Was bedeutet das?“ Sian meinte, noch leiser, als zuvor. „Das bedeutet Link auf Hylianisch...“ Dessen Augen wurden immer größer und er glotzte dumm aus der Wäsche. „Hylianisch? Wow, du kannst diese Sprache sprechen? Woher?“ „Mein Vater hat mir diese Sprache beigebracht.“ „Hyrule gibt es also wirklich...“, sagte der Held, nun mit einem traurigen Ton in seiner Stimme. „Das ist... einfach überwältigend.“ Wenn es Hyrule wirklich gibt... dann... „Link... das ist leider nicht ganz richtig. Hyrule gab es einmal, aber heute besteht es nur noch aus Schatten, aus Unsichtbarkeit und Dunkelheit, in welcher sich kein Leben mehr aufhält.“ Dann bewegte sich Pats Kopf nach vorne, der das Wort Hyrule aus dem Gespräch herausgehört hatte. Wieder ein unheimliches Schweigen, obwohl beide so viel zu erzählen hatten. Hyrule existierte nicht mehr. An den Gedanken musste sich Link erst einmal gewöhnen. Auch wenn er jenes Land nur als Spiel kannte, irgendwie tat es weh zu hören, dass es nicht mehr existierte. Der Held musste sich eingestehen, daran bisher keinen Gedanken verschwendet zu haben. Zugegeben, er fragte sich, was wohl geschehen war, dass Zelda nun in seiner Welt... auf der Erde verweilte... Und ebenso quälte es ihn, daran zu denken, wie Hyrule denn wirklich aussah. Aber ihm wäre niemals eingefallen, dass es nicht mehr da war... leblos, einsam, stumm... Link machte ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter und seufzte leicht. „Ich habe mir immer eingebildet... von dem Tag an, als ich Zelda fand, ich würde das alte Land einmal, vor meinen eigenen Augen sehen können. Gott, ich war so dumm.“ Daraufhin meinte Sian mit einem Zwinkern. „Kopf hoch. Es gab immer Hoffnung, und es gibt sie noch. Wer weiß, was die Zukunft bringt...“

Der unerkannte Heroe schloss seine leuchtenden Augen und lächelte schwach. „Ja... wer weiß.“ Der Bus hielt inzwischen in Killarney und Link, Sian, Pat und der kleine Tommy stiegen aus. Plötzlich wurde Link von den zwei sommersprossigen Irinen angequatscht, die von der kurzhaarigen Stalkerin begleitet wurden. „Hello, nice to meet you.“, sagte die eine Lachshaarige, grinste schmachtend und reichte Link eine vielversprechende Hand. „I’m Mitrette.“, sagte sie. Gerade so konnte der Heroe ihre lispelnden Worte verstehen. „Ähm... Hi...“, meinte Link verlegen und kratzte sich dusslig am Kopf. „And my name is Marla.“ „Wir müssen voran“, sagte das andere Mädchen mit Namen Marla, die kopfschüttelnd und bissig zu Sian schielte. Auch wenn man ihren englischen, ungewöhnlichen Akzent bemerkte, so hatte sie ein erstaunliches Sprachvermögen. Sie schob Mitrette einfach vorbei, die liebäugelnd zu Link blickte und ihm einen Kussmund hinterher warf. „Weiberheld“, muckte Patrick auf und schüttelte bloß den Kopf. Doch Link lachte nur und blickte den erheiternden Mädels grinsend hinterher, kam nicht darum sie mit seiner Zelda zu vergleichen und wusste doch, dass jene einem Vergleich mit der einstigen Prinzessin Hyrules an Anmut, Weisheit und Rätselhaftigkeit nicht standhalten würden. Der junge Held unterhielt sich dann kurz mit seinen Zimmergenossen und sie überlegten, wohin sie gehen sollten, oder was sie vielleicht tun könnten. Link drehte sich um und wollte Sian fragen, was man in Killarney tolles machen könnte, aber er war spurlos verschwunden. „Link, das ist ein komischer Vogel, oder? Tut so geheimnisvoll...“, sagte Pat, wohl ein wenig misstrauisch, da das Wort Hyrule gefallen ist. „Ja, vielleicht. Aber ich konnte mich gut mit ihm unterhalten.“ Trolli unterbrach sie und zeigte auf einen kleinen Pub, in dem sie dann gleich etwas zu sich nahmen. Anschließend schlenderten sie vergnügt durch die Straßen, hielten da und dort, sahen sich Läden an, bis sie es sich in einem Park auf einer großen Wiese bequem machten. Link ließ sich einfach auf die herrliche Wiese fallen und starrte wieder gedankenverloren in das Blau des Himmels. In letzter Zeit hatte er den Eindruck, es wäre kein natürliches Blau mehr, sondern überschattet mit einer Spur Dunkelheit. Ach Quatsch... Einbildung, pure Einbildung.

„Link, schau’ her.“ Und Pat schlug eine Zeitschrift auf, die er sich vorhin gekauft hatte. „Das ist der neue Link. Sieht echt cool aus, oder?“ Der Held der alten Welt betrachtete sich das Bild genau und überlegte. „Diese Spielfigur wird immer menschlicher. Ja, ich finde auch dass er... cool aussieht.“ Hey, ich sehe cool aus, dachte Link. Pat neigte seinen Kopf und erwiderte: „Aber sonderlich glücklich scheinst du nicht zu wirken, dabei dachte ich, du wärst wirklich ein Zeldafan.“ „Ist doch egal, was ich davon halte... das Masterschwert ist das aber nicht, oder?“ „Weiß nicht... aber es sieht nicht danach aus.“ „Und hast du auch eine Idee, worum es im neuen Spiel geht?“ „Leider nicht... Aber man kann doch Vermutungen anstellen, oder?“ Der blonde Kerl wirkte überrascht und sagte: „Vermutungen?“ Pat packte das Heft wieder weg und machte sich neben dem coolen Helden auf der Wiese breit, während Tommy wieder eine Schokoladentafel nach der anderen in sich hineinstopfte. „Nun... ja“, meinte Pat, „Zelda wird doch sicherlich auch im neuen Spiel dabei sein.“ „Allerdings“; sagte eine weitere, quietschende Stimme. Link und die anderen sahen auf, als plötzlich ein kleines Kind vor ihnen stand. Der junge Held riss genervt seine tiefblauen Augen auf, er kannte diese glockenhelle Kinderstimme nur zu gut. „Hallo, Linky. Wie geht’s denn so?“ Doch unser Held wollte seinen Ohren und Augen dennoch nicht trauen. Nicht die schon wieder. Das kleine Mädchen mit den zwei blonden Zöpfen und den grünen Augen. Aber wie kam sie hierher? „Sag’ schon, was willst du“, meinte Link leicht gereizt. „Gleich so unfreundlich, mein kleiner Kokiri. Du weißt doch, dass ich auf dich aufpasse.“ Dann grinste sie und der gedemütigte Held sprang auf und hielt ihr umständlich die Klappe zu. Dann nahm er sie leichtfertig unter seinen Arm und schleifte sie davon. „Sag’ mal, spinnst du? Willst du, dass die anderen herausfinden, wer ich bin? Verflucht, überleg’ das nächste Mal gefälligst, was du sagst!“ Empört setzte er das kleine Geschöpf auf den Boden. „Also, was willst du?“ Das Mädchen zog eine Schnute und schien eingeschnappt zu sein. „Ich mach’ mir doch nur Sorgen um dich, Linky. Na gut... Tz... Tz, dann verschwinde ich wieder und ich sag dir auch nicht, weswegen ich eigentlich hier bin.“ Damit drehte sie sich um und hüpfte einige Meter weiter. „Übrigens... Zelda vermisst dich ganz schön.“ Link war kurz sprachlos. „Okay, okay, ich entschuldige mich, dass ich dich so angefahren habe. Und trotzdem kannst du nicht einfach aus dem Nichts hier auftauchen und aus dem Nähkästchen plaudern. Wenn die anderen herausfinden, dass ich tatsächlich Link bin, bin ich geliefert.“ „Wäre das so schlimm?“ „Ja, verflucht! Und weswegen bist du nun hier?“ „Ich wollte dir mitteilen, dass du so schnell wie möglich wieder in die Jugendherberge gehen solltest...“, sagte sie dann ein wenig leise, während ihre grünen, leuchtenden Augen ihn anstrahlten. „Was? Warum sollte ich? Ich habe vor, den Tag heute hier zu verbringen. Warum sollte ich auf dich hören?“ „Na, weil du keine andere Wahl hast.“

Sie grinste voller Überzeugung. Link verleierte die Augen und glotzte dann ebenso mit Überzeugung in das runde Kindergesicht. „Nö“, meinte er, und war dabei, wieder zu Pat und Trolli zu gehen. „Moment“, rief sie zuversichtlich und hatte nun eine Spur Hinterhältigkeit in ihrem Blick. „Wenn du nicht auf mich hörst, zwinge ich dich dazu...“ Link blieb stehen, glotzte dumm aus der Wäsche. „Du... du willst mich dazu zwingen? Haha... ich glaube nicht, dass du Mittel und Wege hast, das zu vollbringen.“ Und Link lachte sich halb tot... Doch bevor er begriff, was geschah, hüpfte das kleine Geschöpf heiter und sichtlich gut gelaunt auf Pat und Trolli zu. Links Blick wandelte sich allmählich. Die wollte doch nicht etwa...? Sie stand nun vor seinen Zimmergenossen und plapperte irgendwas munter daher. Der junge Held verzog entsetzt sein Gesicht. Dieser kleine freche Knirps wollte Pat und Trolli doch nicht etwa alles auf die Nase binden? Link rannte zu ihnen rüber, und sagte laut: „Ich nehme gleich den ersten Bus ins Camp. Hab’ noch was vergessen.“ Mit diesem schlagkräftigen Argument hatte das Geschöpf ihn überzeugt. Grinsend hüpfte sie dann in Richtung Bäume, war dann wie immer spurlos verschwunden. „Sag’ mal, Link, wer war das denn“, meinte Pat. „Ach die...“ Krampfhaft suchte der Held nach einer Ausrede und räusperte sich verdächtig. „Die... also... na ja, die hat...“ Er machte eine unangenehme Pause und hatte dann die zündende Idee. „Ich habe ihre Katze von einem Dach geholt, die wohnt nämlich nur wenige Minuten von der Jugendherberge.“ Bei den Göttinnen, hoffentlich kaufte Pat ihm das ab... „Egal, wir gehen auf jeden Fall mit ins Camp.“, sagte Patrick dann und schien die merkwürdige Ausrede aufs Erste zu ignorieren. „Okay. Schauen wir mal, wann der Bus fährt?“ Damit liefen sie aus dem Park hinaus, in Richtung Bushaltestelle. Als sie aber vor dem Plan standen, stellten sie fest, dass sie über eine Stunde Zeit hatten. „Na, toll. Und was machen wir jetzt noch“, sagte Trolli, weniger begeistert über die Situation. Links Blick wanderte dann zu einem seltsam wirkenden Laden. In dessen Schaufenster waren alle möglichen zum Teil heruntergekommenen, einer Reparatur würdigen, Gegenstände aufgetürmt. „Leute, wir könnten doch noch mal einen Blick darein werfen.“ Und Link deutete auf den Laden, der in den Augen der anderen äußerst unheimlich wirkte. „Was willst du denn da drin?“ „Eigentlich nichts, nur meine Zeit vertrödeln...“ Wenn auch ein wenig wiederwillig, folgten sie dem grünbemützten jungen Kerl, der es mit seinem göttlichen Mut häufig zu genau nahm, in den Laden. Sie öffneten die klapprige Tür und sogleich ertönte der Klang eines hölzernen Glockenspiels. Klang... klang... Die Ladentür fiel zu und die drei sahen sich in dem Geschäft um. Überall standen dunkelbraune Regale mit den eigentümlichsten Dingen. Vermutlich ein Second- Hand- Geschäft... Link sah um sich, mit dem Gedanken, dass er ein solches Geschäft irgendwann schon einmal gesehen hatte. Der Raum war erfüllt von Finsternis, lediglich an der Kasse stand eine alte Öllampe. Die jungen Kerle betrachteten sich schweigend die merkwürdigen Gegenstände auf den Regalen. Einige alte Schatullen, Kerzen, verzierte Vasen aus Ton, ja sogar Kleidungsstücke... Hinter der Kasse saß eine alte Frau mit langer Nase und einer Katze auf dem Arm. Sie sah Link mit einem tiefgründigen Blick an. Er starrte zurück.

Derweil hatte Pat etwas entdeckt, was er wohl unbedingt haben wollte. „Ähm, entschuldigen Sie. Was kostet diese Kette?“ Und er deutete auf eine kleine Schatulle, in welcher ein kleines goldenes Amulett lag. Ein hübscher runder Anhänger mit einem goldenen, verzierten Triforce. Link betrachtete sich aufgeregt das Schmuckstück und wünschte sich innerlich, er hätte es zuerst entdeckt... Dieses Medaillon hatte er irgendwie schon einmal gesehen, berührt oder möglicherweise besessen... „Das ist ein unverkäufliches Muster... zu mindestens für dich... hihi...“ Ihre Stimme erklang und sie wirkte wie die einer wirklichen Hexe- kratzig, hoch und schief. „Wieso? Ist sie so teuer?“ „Nein, das Schmuckstück wartet auf seinen wahren Besitzer... hihi.“ Damit wanderten ihre Augen zu Link. „Ich kann es dir leider nicht verkaufen, weil es bereits von jemandem bezahlt wurde.“ Pat sah beleidigt drein und meinte: „Schade...“ Jetzt mischte sich Link ein. „Ich hätte trotzdem gerne mal gewusst, was es gekostet hat?“ Sie rutschte näher, sodass die Spitze ihrer langen Nase beinahe in Links Gesicht ragte. „Hylianisches Blut, mein Freund.“ Der unerkannte Held wich erschrocken zurück. Tommy mit dem Mäusegesicht war inzwischen aus dem Laden verschwunden und schien aus irgendeinem Grund bei dem Anblick dieser gutmütigen Hexe Angst zu haben. Zaghaft blickte er sich auf der leergefegten Straße um, schaute zurück zu dem Laden und sah die beiden Kerle sich immer noch mit der Frau unterhalten. ,Die Gelegenheit...’, dachte Tommy und setzte sich unauffällig auf eine Eisenbank neben zwei, drei alten Bäumen. Er piepste ungewöhnlich leise einige Formeln herunter, die niemand verstehen konnte und plötzlich, so verstand man, wenn man genau hinblickte, dass Tommy nicht mehr alleine auf dieser Bank saß. Ein Beobachter konnte niemanden sehen, aber eine aufmerksame Seele verstand das Unverständliche... „Keine Sorge“, sagte die alte Dame in dem Ladengeschäft zu Link gewandt leise. „Dieses Schmuckstück hat keinen Preis, weil es selbst dafür zu wertvoll ist.“ Sie nahm die Schatulle und packte sie in eine kleine Tüte. Link und Pat wunderten sich, was das jetzt sollte. Sie reichte dem unerkannten Heroen die Tüte. In dem Augenblick fiel es ihm wieder ein. Das war dieselbe Dame, die ihm damals das Zeldaspiel verkauft hatte und dann spurlos verschwunden war. „Du hast dieses Abzeichen mit deiner Seele bezahlt, mein Freund“, sagte sie dann, auffallend ruhig. „Es wird Zeit, dass es wieder in die Hände seiner Besitzer gelangt.“ Pat war sprachlos. Verflucht, was sollte dieses dumme Gerede. Er hatte es zuerst entdeckt. Beleidigt stapfte er von Dannen. „Link, ich rate dir... sehr gut darauf aufzupassen. Es tut mir leid, dass dein Freund sich wegen dem Schmuckstück falsche Hoffnungen gemacht hat. Aber jemand sagte mir, ich solle es dir geben, und hat es bezahlt.“ Link blieb wie angewurzelt stehen. „Und wer... hat es bezahlt?“
„Wenn ich dir das sagen würde, würdest du es nicht verstehen... hihi.“
„Und wie hat er es bezahlt?“
„Würdest du denn deinen eigenen Besitz noch einmal bezahlen?“
Link schwieg und wusste sofort, was er mit dem Amulett tun würde.
„Ich danke Ihnen...“, sagte er und verschwand.

Der um ein Amulett bereicherte Jugendliche trat heraus und sah, wie Pat beleidigt mit Trolli auf einer Bank saß und auf den Bus wartete. „Pat... Sorry wegen dem Medaillon. Aber ich kann mir denken, wer das gewesen ist und es bezahlt hat.“ Dann stand Pat van der Hohen auf und sagte frustriert: „Verdammt noch mal, Link. Ich bin nicht verärgert wegen dem Amulett. Ich habe so etwas ähnliches schon zu Hause. Eigentlich habe ich ein komisches Gefühl bei dem, was diese Hexe gesagt hat, von wegen hylianisches Blut, die ist doch total übergeschnappt. Nicht mehr alle Tassen im Schrank, diese Tussi. Was bildet die sich denn eigentlich ein? Ich finde das unmöglich. Die wollte uns bestimmt gewaltig veräppeln. Wer weiß, wie die rausgefunden hat, dass wir Zeldafans sind.“ Und Pat hörte mit seinem Wutausbruch nicht mehr auf... beschimpfte die arme Verkäuferin weiterhin, aber... und das kam Link gerade Recht, machte er ihm keinen Vorwurf, weder wegen der komischen Göre im Park, noch wegen dem Amulett. Aber der junge Heroe sollte nicht ignorieren, dass es Menschen in seiner Umgebung gab, die ebenso die Wahrheit sehen wollten, die sich in der Welt hin und wieder zeigte. Link sollte nicht voreilig über die Fähigkeiten eines einfachen Jugendlichen urteilen, der doch schon lange ahnte, dass mit Link vieles nicht stimmte... Als der Bus heranfuhr, hatte Pat seinen Redeschwall immer noch nicht gestoppt und warf sogar dem Busfahrer ein grimmiges Gesicht zu. Eingeschnappt setzte er sich auf die hinterste Sitzreihe und schaute aus dem Fenster. Trolli setzte sich neben Link und starrte fast schon bekümmert vor sich hin. „Was’ n los?“, meinte Link, da Tommy ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter zog. „Nichts weiter.“, meinte er und schüttelte abwinkend den Kopf, was für den Heroen hieß, dass Tommy nicht drüber reden wollte. Der Bus fuhr langsam an- in Richtung Camp. Doch als drei Jugendliche aus dem knallroten Bus ausstiegen, war hier in dem Camp nichts so wie es sein sollte. Unzählige Leute standen um den See und unterhielten sich aufgeregt, tuschelnd. Link rannte panisch in Richtung Sees, spürte den Anflug von Gefahr in seiner nahen Umgebung. War die Zeit gekommen für einen weiteren wirklichen Kampf gegen ein Wesen aus der Zeit, aus der Welt, die vergessen wurde und nur noch als ein Grab am Rande der Wirklichkeit existierte? Stoßend und schiebend versuchte er sich durch die dicht zusammengedrängten Menschenmassen durchzuzwängen. Entsetzte Gesichter. Bleiche Gesichtszüge... Link verfolgte die entsetzten Blicke der vielen Schaulustigen und wanderte mit den ersten blauen Augen zu dem Grund des Sees. Doch der See, so schön kristallklar und rein, er einst war, besaß nichts mehr von seiner einstigen Anmut und Schönheit. Vollkommen ausgetrocknet lag der einstige See wie eine hässliche offene Wunde zwischen den grünen Hügeln. Link lauschte dem Gespräch einiger Leute, die sehr beunruhigt schienen. „Das waren sicherlich die Geister, die in letzter Zeit auf der ganzen Welt ihr Unwesen treiben.“ „Jaja. Jetzt geht es uns genauso wie allen Menschen auf der Welt. Wir werden konfrontiert mit den seltsamsten Ereignissen. Erst die Angriffe der Wölfe, jetzt der See. Ich frage mich, was als nächstes kommt...“

Link mischte sich in das Gespräch mit ein: „Ähm. Entschuldigen Sie, was ist denn eigentlich passiert?“ „Wenn wir dir das erzählen, wirst du es uns nicht glauben können.“ „Nun, erzählen sie schon... kann’ doch nicht so schlimm sein.“ „Doch, das ist es. Einige Jugendliche aus dem Camp sind vor einigen Minuten darin herumgeschwommen. Plötzlich aber tauchten sie alle ab. Zuerst dachte jeder, es sei nur Spaß... Aber sie tauchten nicht wieder auf...“ Link hörte gespannt zu. „Und als dann drei weitere Leute, die nach den Jugendlichen sehen wollten, ebenso nicht mehr auftauchten... wurde es unheimlich. Dann begann rasch der Wasserspiegel zu sinken, bis kein Tropfen mehr im See war.“ „Und was ist mit den Leuten“, fragte Link, nun innerlich aufgewühlt. „Sie sind alle spurlos verschwunden...“ Links ozeanblaue Augen wanderten entsetzt zu den rissigen Steinplatten des Sees. Was ging hier vor sich? In dem Augenblick kamen auch schon Trolli und Pat angestürmt. „Na, Link. Hast du’s schon gehört?“ „Ja, hab’ ich.“ Verdammt, hatte dieses kleine Mädchen ihm genau das sagen wollen? Hätte er diese Menschen retten können? Link überkam Schuldbewusstsein, das er, genauso wenig, wie den Anflug von Wut darüber, nicht verstehen konnte. Am anderen Ufer stand Sian, der dem Helden einen ernstern, strengen Blick zu warf und dann nickte. Link hatte verstanden... Er hechtete zum Bungalow, legte seinen Rucksack und die Triforcekette ab, nahm sein Schwert und die einige Wurfsterne aus dem Schrank, verstaute diese in einem langen, reißfesten Beutel und ging wieder zum See. In dem Moment kamen auch schon Feuerwehr und Polizei mit lautem Tosen angefahren. Sie sperrten unverzüglich den See ab. Einige Zeit verging und die Schaulustigen verzogen sich allmählich. Link stand wieder wie angewurzelt am See und untersuchte mit seinen scharfen Augen den feuchten Grund. Irgendeinen Hinweis musste es doch geben. Diese Menschen konnten nicht spurlos verschwunden sein. Pat sah den siebzehnjährigen, tollkühnen Menschen mit einem wieder mal sehr misstrauischen Blick nach, während Trolli über alle Berge verschwunden schien. Plötzlich hatte Link etwas entdeckt und er sprang über die Absperrung, kletterte dann entgegen der Warnungen einiger schimpfender Leute am Hang des Sees hinunter auf den Grund. „Link“, rief Pat, „Läufst du noch rund? Hey, das ist gefährlich. Hast du so wenig Freude an deinem eigenen Leben? Bleib’ stehen!“ Doch jener reagierte nicht auf die warnenden Rufe. „So ein Holzkopf!“, brummte Pat. Der junge Mann mit dem grünen Basecape lief inzwischen gelassen am Grund des Sees herum, schaute mal nach rechts, dann nach links und wieder nach vorne. Vorhin hatte er doch eine kleine Erhebung entdeckt, in welcher so etwas wie ein Eingang sein konnte. Sicherlich war hierdurch das Wasser abgelaufen. Link lief noch einige Meter und blickte zurück. Er hatte sich äußerst weit vom Ufer entfernt und sah Pat ihm einen Vogel zeigen... Link schüttelte mit dem Kopf und ließ sich nicht beeindrucken. Erneut sah er um sich. Da, sagte eine Stimme in seinem Kopf und er fand tatsächlich ein kleines Loch, in das mindestens zwei Leute passten. Also gut. Mit einem letzten Anflug der Vernunft, der erstarb, kniete Link nieder und kroch in die breite Öffnung... Es war stockfinster. Selbst das Licht, welches durch die Öffnung drang, wurde von der Dunkelheit verschluckt. Sorgsam kramte der Heroe in seinen Taschen herum und fand eine kleine Taschenlampe in Form eines Stiftes. Seit dem Tag im Schulkeller hatte er so etwas immer parat. Er hoffte, dass sie ausreichte. Vorsichtig tastete er sich voran und kroch immer noch auf seiner Jeans herum. Doch dann wurde die Höhle plötzlich breiter und höher, sodass Link stehen konnte. Er leuchtete die klitschigen, kantigen Wände ab. Dann blieb er stehen. Verdammt, was tue ich hier überhaupt, fragte er sich. Das, was er hier tat, tat er freiwillig. Niemand zwang ihn dazu. Aber... Erst jetzt beunruhigte ihn die unendliche Finsternis, die schallenden Klänge in unterirdischen Gängen. Er hatte derartiges Dutzende Male in seinen Träumen getan- mit dem Licht einer Fackel oder irgendeiner Lampe, die aus einer Kerze bestand und nichts mehr als seiner Willenskraft, von der er nicht wusste, woher sie entprang. Doch die Wirklichkeit übertraf alles Vorherdagewesene. Mut und Furcht rangen in seinem Inneren und es war für Link ein unbeschreibliches Gefühl, in dieser Höhle umherzugehen. Es mochte wahnsinnig und idiotisch klingen, aber der einstige Held der Zeit genoss es hier zu sein. In der Tat, er fühlte sich sogar gut! Die Sucht nach Abenteuern hat den Armen schon krank gemacht... Die Furcht in seinem Inneren hatte den Kampf kläglich verloren und Link bewegte sich weiter, hörte seinen Herzschlag, der immer ruhiger wurde, vernahm seine Schritte, die die Stille in den Gängen zerstörte, und lauschte seinem eigenen Atem, der in kleinen Nebelschwaden vor ihm hertanzte. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein freches Grinsen, das aus Sicht eines Beobachters schon dämlich wirken musste. Dann begann Link zu lachen. „Oh Mann, ich bin ja so bescheuert...“, sagte er, als er in eine Pfütze getappt war. Hier gab es wieder Wasser. Sehr interessant... Und der Raufbold bewegte sich weiter, bis er vor einer kleinen Kreuzung stehen blieb. „Mist, und was mache ich jetzt?“ Er musste sich zwischen drei Gängen entscheiden. Ihm fiel nichts besseres ein, als auszuzählen. „Hoffentlich verlaufe ich mich nicht...“, murmelte er, als er den Gang ganz links wählte.

Und wieder untersuchte Link die Wände, fand hier und dort ein Paar Algen und sonstige Pflanzen, sogar Tierskelette. Jetzt wurde es langsam unheimlich. Bedacht schaute sich der junge Kerl die riesigen, teilweise zerfressenen Skelette an und stellte fest, dass sie mindestens von Kühen oder Pferden sein mussten. Aber wie kamen die da hin? Link lief weiter, mit seinen Händen zu Fäusten geballt und seinem unverbesserlichen Instinkt, der flüsterte. Sei bereit... Sei bereit... Elegant nahm er sein geliebtes Schwert aus dem zerknirschten Beutel, warf diesen zur Seite und führte die summende Waffe beinahe magisch angezogen von deren Eleganz aus der Schwertscheide. Jetzt fühlte er sich wahrhaft mutig und kam sich tatsächlich vor wie Link, der Held der Zeit... Dann drangen schaurige Geräusche an seine Ohren. Es waren die Stimmen von Menschen, aber sie veränderten sich langsam, mit jeder Sekunde, die verging. Ihr anfängliches Rufen wandelte sich in ein Flehen, dann in Schreie, bis die Stimmen schließlich murmelten und flüsterten, wie Poltergeister, die ihren Zorn an Unschuldigen auslassen wollten. Abschreckende Töne, aber Link lief tapfer weiter und folgte den Stimmen, bis er schließlich Lichter sehen konnte. Lichter von Fackeln... Bedächtig schlich Link näher und versteckte sich auf einem rissigen Vorsprung, von wo aus er einen guten Blick auf die Szenerie werfen konnte. In etwa zehn Menschen wimmerten vor sich hin, an den Händen angebunden, zusammengedrängt und versklavt in einem riesigen Gewölbe. An den Seiten waren Fackeln aufgestellt und in der Mitte des Raumes pendelte quietschend hin und her ein kleines Schaukelpferd. Ein Mädchen, nicht sehr alt, mit rotem, zerzausten, gekräuseltem Haar saß darauf und lachte geradezu abartig. Erst jetzt bemerkte der Heroe die anderen Gestalten, die wie Wachposten im Raum verteilt waren. Große starke Kerle mit schweren Rüstungen... Moblins... ,Nicht wahr...’, dachte Link aufgeregt. ,Jetzt wird’s bunt.’ Das waren wirklich Moblins! Der gewandte Kämpfer schüttelte benommen den Kopf um sicher zu gehen, dass er sich auch nicht verguckt hatte. Oh ja, es waren tatsächlich Moblins. Aber es waren viele... viel zu viele... Selbst wenn Link der beste Schwertkämpfer auf der ganzen Welt wäre, sie alle zu besiegen wäre unmöglich, oder sich in diesen Kampf zu stürzen wäre total dumm und lächerlich. Link wartete ab und beobachtete weiterhin das Spektakel. „Ihr, armseligen Menschen. Wenn unser Meister erst seine wahre Macht besitzt, werdet ihr sowieso alle niederknien oder... getötet... haha“, lachte das kleine Mädchen zynisch, von dem Link wusste, dass es Molly sein musste. „Warum tust du das“, sagte eine ältere Frau, die vergeblich versuchte sich aus ihren Fesseln zu befreien. „Weil es mir Spaß macht... haha“, sagte Molly in einer kindlichen Stimme, die nicht zu ihrem kranken, verdorbenen Herz passte. Sie wippte mit dem Schaukelpferd herum und wendete Link auf seinem Vorsprung den Rücken zu. Ihre Haare standen zu Kopf, als sie aus ihren Händen plötzlich quellende, krallenförmige Energieball sprießen ließ. Hämisch begaffte sie einen rülpsenden Moblin, der grunzend zurückschreckte und sofort das mordlustige Spiel verstand, welches Molly mit ihm spielen wollte. Vor einigen Energiestößen konnte der Dämon noch fliehen, doch einige mehr, abgeschossen von einem vergifteten Kind, trafen ihn letztlich quälend. Der Moblin sank zu Boden, krampfte und ging zu guter letzt in glühender Asche auf. „Wenn ihr unartig seid, mach’ ich mit euch dasselbe... haha.“ Link traute seinen Augen nicht und schluckte einmal kräftig die Spucke in seinem Mund herunter. „Da staunt ihr, was“, sagte sie selbstherrlich, als gäbe es auf der weiten Welt kein besseres Geschöpf als sie. „Mein Meister hat mir dieses nette Spielzeug vermacht... hihi.“ Das Blut in Links Adern kochte, nein, das konnte er nicht länger mit ansehen. Schluss mit lustig. Selbst wenn es zwanzig Moblins sein sollten, diese Menschen brauchten Hilfe und wenn er jetzt erst wieder nach draußen ginge und Hilfe holen würde, wäre es vielleicht zu spät. Außerdem, und das erkannte der Siebzehnjährige jetzt endlich, konnte er andere Menschen in diese Kämpfe nicht hineinziehen. Es war sein Kampf. Sein Schicksal. Vor nicht allzu langer Zeit besiegte er, ganz alleine, vier Skelettritter in den Wäldern. Moblins waren halb so wild und Link hatte seine Fechtkünste in den letzten Wochen noch erheblich verbessert. Er musste einfach kämpfen und sich dieser Gefahr stellen. Er schaute auf das Schwert in seiner Hand und schloss dann sinnierend die Augen. Okay... jetzt oder nie. Vorkehrend überschaute Link noch ein letztes Mal die Lage und kletterte den Vorsprung hinab. Er überlegte, was sinnvoll wäre und womit er beginnen sollte. Ach ja... die Fackeln... Der junge Heroe tastete sich auf Zehenspitzen vorwärts und näherte sich einer Fackel neben der in einer Ecke ein Moblin stand. Noch ehe der Moblin reagieren konnte, hatte der Held ihm die Schnauze zugehalten und die Kehle mit der scharfen Klinge seines Schwertes durchgeschnitten. Mit einem dumpfen Krachen fiel der leblose Moblin zu Boden. Ohne Aufsehen zu erregen blies der Kämpfer die Fackel aus und schleifte die Kreatur weiter in die Ecke. Immerhin einer weniger, dachte unser Held. „Wollt ihr wirklich den Grund wissen, weshalb wir euch entführt haben, ihr nichtswürdigen Menschen“, fragte das kleine Mädchen mit dem bösartigen Gesichtsausdruck. „Also, ich sage es euch. Es gibt in eurem Camp jemanden, der so schnell wie möglich beseitigt werden muss. Mein Meister hofft, er tappt in die Falle... haha.“ „Wer?“, fragte ein älterer Mann, der in seinen Armen ein weinendes Kind hielt. „Ein grünbemützter Jugendlicher mit der einzigsten Macht, die unseren Meister noch stoppen könnte. Eine einfache kleine Mistgeburt, die wir eigentlich schon tot geglaubt haben.“ Link erkannte, dass von ihm die Rede war, aber wieso sollte er tot sein? Und woher wusste das Böse eigentlich, dass er sich im Camp befand, dass er überhaupt hier angereist war, um den Sommer zu genießen? Wo steckte die undichte Stelle, die dem Bösen die Möglichkeit gegeben hatte, diese Fallen zu stellen?

„Dem ungeachtet steht das Schicksal wohl auf seiner Seite, dieser dumme Held.“ Das war zuviel für den Kämpfer des Mutes, er schlich zur nächsten Fackel und blies sie aus. Jetzt wurde von den Moblins bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte und sie stapften dümmlich in die Richtung, in welcher der Jugendliche in tiefer Dunkelheit verborgen war. Seine Mundwinkel zogen sich nach oben, denn sein Plan funktionierte. Drei Moblins näherten sich ihm und tappten schwerfällig und grunzend hinein in ihr Verderben. Link sah zwar genauso wenig, wie die Moblins, aber selbst das hatte er trainiert. Er erkannte seine Feinde am Klang der Schritte... Drei Schwertstreiche genügten und auch diese Gegner lagen am Boden. „Was ist da los? Ihr da, geht nachsehen!“ Jetzt hatte auch Molly begriffen, das irgendetwas faul war und sie schickte weitere fünf Moblins in die Richtung. Aber auch diese kamen nicht wieder. Link schwang sein Schwert und nun war deutlich zuhören, dass Klingen aneinander krachten und wieder einige der dämonischen Ableger zu Boden gingen. Die Hälfte der Moblins hatte Link beseitigt. Jetzt konnte er sich preisgeben, aber Molly war schneller. Sie schickte einige Feuerbälle in seine Richtung, feuerte in die Dunkelheit, wo sich der Held befand. Er konnte geradeso ausweichen und hüpfte zur Seite, bevor die Feuerkugeln ihn erwischten. Geschickt rollte er sich mit dem Schwert in der Hand über den Boden. Nun traf Molly die Fackeln und der kleine Teil des Gewölbes wurde wieder erhellt. Link stand mit einem frechen Grinsen auf einem Haufen erledigter Moblins. „Du...“, schimpfte das kleine Kind. „Hast du nicht so früh mit mir gerechnet, he“, meinte der Heroe aufmüpfig. „Na warte, wir haben eine Überraschung für dich!“, zürnte sie und hüpfte kraftvoll aus ihren Schaukelpferdsitzchen, sodass jenes umkippte. Wie angestochen rannten in etwa zehn Moblins in Links Richtung. Tapfer hielt er das Schwert gestreckt von sich und stellte sich in Angriffsposition. Inzwischen begriffen auch die gefangenen Menschen, was vor sich ging. Mit flehenden Gesichtsausdrücken versuchten sie den Helden anzufeuern, auch wenn sie erstaunt waren über die Waffe in seiner Hand. Link vollführte eine Wirbelattacke, als sich die Gegner näherten. Mit einem Krachen wurden sie zurückgeworfen, standen aber wieder auf. Der einstige Hylianer schaute sich um und überlegte, was die beste Lösung wäre. Er hatte zugegeben keine Ahnung. Kampftechnik hin der her... er hatte einfach keine Ahnung von strategisch guten Kämpfen, wusste nichts über die Scharfsinnigkeit seines früheren Ichs... Nichts anderes als sich durch die Moblins durchzukämpfen kam ihm in den Sinn und er blieb ruhig stehen, sammelte seine Kräfte, berief sich auf den göttlichen Mut in seiner Seele. Sie kamen näher, grölten und stapften gnadenlos auf den Boden. Link machte sich bereit für eine weitere Wirbelattacke, eine stärkere, machtvollere. Er wusste nicht, was er hier tat, aber etwas in ihm flüsterte heimlich, geräuschlos und wissend, was er jetzt zu tun hatte. Link schloss seine Augen, als irgendetwas mit der Klinge geschah. Für einige Momente schien die Zeit stehen zu bleiben und Link selbst sah die erstarrten Gegner genau vor sich. Was war das? Eine Vision? Das Aussehen der Monster schien sich zu wandeln. Ihre Kleidung wurde grau, geradeso wie in einem Schwarz- Weiß- Film. Verdammt, was tue ich hier überhaupt? Link spürte Wärme, ja fast Feuer auf seinem linken Handrücken, als er weiterhin dieser Spur, diesem Gefühl der Stärke folgte und sich krampfhaft auf sein Inneres konzentrierte. Irgendetwas wollte man ihm sagen, irgendetwas wollte er sich selbst mitteilen. Dann öffnete er wieder die Augen. Jene, erfüllt von Mut und einer Spur Überlegenheit, richteten sich auf die verängstigten, stehen gebliebenen Moblins. „Euer letztes Stündlein hat geschlagen, ihr Mistviecher“, sagte Link, als er die geballte Energie auf die Moblins losließ. Sie erschauderten, wurden durch das ganze Gewölbe geschleudert und zersprangen mit markerschütterten Schreien in Asche. Die gefesselten Menschen sahen mit verwirrter Hochachtung zu ihrem Retter, der in langsamen Schritten auf Molly zu steuerte und ihr das Schwert an die Kehle setzte. „Ich töte keine Kinder“, sagte Link, nun mit einem ernsten Gesicht, gemischt mit Traurigkeit und Zweifel. „Genau das wird dir zum Verhängnis, Held der alten Welt.“ „Wie habt ihr das Wasser zum Verschwinden gebracht? Rede!“, fauchte er. „Das war meine wirkliche Gestalt, die dich töten wird, noch bis du bis drei zählen kannst.“ „Irrtum, deine wahre Gestalt schafft nicht einmal die eins auszusprechen, bevor ihr Kopf am Boden umherrollt.“

Dann begann Molly in schallendes Gelächter auszubrechen und sie spuckte irgendetwas aus. Widerwärtig, dachte Link... Er blickte kurz zu ihrer am Boden liegenden Spucke, die sogleich in hitzigen, rauchenden Feuer aufging. Angeekelt sagte er: „Was zum Teufel bist du?“ Doch das Mädchen lachte nur, als sich ihre Augen plötzlich in ein leuchtendes Grün wandelten und ihre Pupillen sich zu Schlitzen formten. Erschrocken wich der Held zurück und warf kurz einen Blick auf die gefesselten Menschen. Verflucht, ich muss diese Leute irgendwie befreien. Molly schien sich inzwischen zu verwandeln. Wiederrum spuckte sie etwas aus, doch diesmal war es Blut und sie begann zu schreien. Ein erstes Anzeichen, dass sie einmal ein Mensch gewesen ist. Dann platzte ihre Haut auf und ein grüner, schuppiger Panzer mit Stacheln trat aus ihrem Inneren heraus. Link konnte sie nun nicht mehr so einfach töten, denn ihr ursprünglich kleiner Körper wuchs blitzschnell zu einem riesigen Ungetüm heran. Hastend ergriff der Jugendliche die Gelegenheit und rannte zu den geschockten Menschen hinüber und zerschlug einige Fesseln: „Los, verschwindet hier, schnell“, rief er. Irgendetwas sagte ihm, dass die Situation gefährlicher wurde denn je. „Flieht, solange ihr noch könnt.“ Die Leute waren fassungslos. „Junge, wer bist du? Was bist du? Du hast uns allen das Leben gerettet.“ „Wenn ihr nicht sofort abhaut, seid ihr alle des Todes, rennt, los verdammt!“ Link verlor die Beherrschung und brüllte nun fast. Danach schnappten sich die Gefangenen einige Fackeln und nahmen ihre Beine unter die Arme. Der Heroe wendete seine Aufmerksamkeit wieder dem Monster zu. Nein, das war kein kleines Kind... das war ein Drache mit zwei Köpfen, so riesig, dass dessen zwei Schädel beinahe an die Decke ragten. Was hatte man mit diesem Kind nur gemacht? Ein Drache? Wow! „Nun, du jämmerlicher Held einer alten Welt, die nicht mehr existiert, glaubst du, du kannst mich besiegen?“ Auch die Stimme hatte sich ganz und gar geändert. Sie wirkte tief und kratzig. „Hast du dich noch nie gefragt, wieso deine wirklichen Eltern so früh gestorben sind, du armseliges Häufchen Dreck?“ Wovon redete sie? „Das Feuer in deinem Elternhaus gehörte zu dem großen Plan des Meisters. Er hatte eigentlich gedacht, du wärst darin umgekommen.“ „Was?“ Das war zuviel für Link. „Ja, genau, deine Eltern sind nur gestorben, weil du ihr Kind warst, weil in dir die Seele Hyrules wahrem Helden schlummerte. Man könnte es auch anders sagen, du bist der Mörder deiner wahren Eltern.“ „Nein“, schrie Link, „Das ist nicht wahr. Ich...“ „Hat es dir die Sprache verschlagen. Wie süß, der Held zeigt Schwäche.“ Er stürzte auf seine Knie. Allmählich begriff er, dass eigentlich viele Dinge in seinem Leben nur geschehen waren, weil er zu mehr berufen war, weil in ihm etwas vergessenes schlummerte. Nur wegen ihm... Seine teure Seele schien schon viele Opfer unter sich begraben zu haben... Zelda huschte blitzartig durch sein trauriges Gemüt, flüsterte etwas über ihre schönen Lippen und zeigte ein verständnisvolles Lächeln... Nur Sekunden waren es, die vorübergingen und doch erfüllend schien jener unbedeutende Moment, wo Links geheimes Licht, seine Prinzessin, ihm die Zweifel und auch die leichte Hilflosigkeit nahm. Mit Worten und vielleicht mit einer kleinen Geste auf Seelenebene... Er griff sich langsam an seine Stirn. Nein, es war nicht deine Schuld, sagte eine Stimme in seinem Kopf. „Meine Eltern sind durch die Hand des Bösen gestorben, nicht durch meine...“ Link richtete sich seinen Mut wiedergewinnend auf. „Das hättest du mir nicht sagen dürfen.“ Seine Fäuste ballten sich. „Du hast gerade dein Todesurteil unterschrieben, Molly“, fauchte er.

Der Drache schien überrascht zu sein. Er hatte geglaubt, er könne den Helden damit unter Druck setzen, ihn fertig machen und lähmen. Aber das war ein Irrtum. Link schöpfte Kraft und Mut aus seinem Hass gegen das Böse. Er würde seine Eltern rächen und gleich damit beginnen. Dies waren seine Ideale, für das Gute einzustehen und gegen die Dunkelheit anzutreten. „Ich mach’ dich fertig, du Höllenkreatur“, knurrte Link, der nun von seinem Zorn überwältigt war. Molly begann zu lachen... Link wusste, dass sie töten konnte und töten würde. Und schließlich fiel kein Wort mehr in dem von Fackeln erleuchteten Gewölbe. Beide Kontrahenten starrten sich an. Die Frage war, wer als erstes angreifen würde. Spannung und ein Hauch Gereiztheit lagen in der Luft. Der Held hielt die Situation nicht mehr aus und stürzte mit dem Schwert in beiden Händen nach vorne. In dem Augenblick schnellte einer der gestachelten Köpfe des Ungetüms nach vorne. Link hüpfte erschrocken zur Seite, während der Drache seinen stachligen Kopf beinahe in die steinernen, kantigen Wände der Höhle gerammt hätte. Noch ehe Link verstand, was passierte, spuckte der andere Kopf des Dämonenwesens Feuer. Knackend warf sich der Siebzehnjährige zu Boden und spürte die beißenden Flammen gewaltsam über sich hinweg zischen. Hitze und Blutdurst schürten Mollys wahnsinniges Gelächter. „Lange wirst du das nicht durchhalten können. Mit diesem Schwert kannst du mich nicht aufhalten, du blutiger Anfänger.“ Link überlegte kurz, ohne die Spur von Furcht zu zeigen. Aber im Grunde genommen hatte er gegen dieses Ding keine Chance... dennoch, einen anderen Weg als kämpfen gab es nicht. So gut es ging wich der Kämpfer ihren Feuerattacken aus und rannte weiterhin in ihre Richtung. Er hatte sein Ziel bereits im Visier, und hechtete auf den langen Schwanz der Bestie zu. Zumindest im Spiel waren das häufig die Schwachstellen der Gegner. Ein winziger Strohhalm, an den er sich klammerte. Denn etwas anderes als Strohhalme und deren winzige Hoffnung besaß er nicht. Molly jedoch ließ es nicht soweit kommen. Ihr anderer bösartiger, schmierig grinsender Schädel hatte ebenso eine spezielle Kraft. Noch ehe Link sich versah, spuckte sie Eis. Der junge Held stolperte unvorsichtig nach hinten, ließ das Schwert los und fiel. Er spürte seinen aufgeregten Herzschlag nun fast in seiner Kehle. Wie soll ich das nur überstehen, fragte er sich... Der Heroe nahm sein Schwert, wollte aufstehen, als er feststellte, dass er ein kleines Problem hatte. Der Drache hatte sein linkes Bein fast vollständig eingefroren. Link hatte keine Chance wegzulaufen. „Verdammt“, brüllte er und erkannte seine missliche Lage. „Ich habe noch eine Überraschung für dich“, sagte das zischende Ungeheuer, während Link versuchte sich aus dem Eis zu befreien und hin und her zappelte. „Haha... der Wasserspiegel wird in Kürze wieder ansteigen und du sollst in diesen Höhlen dein Grab finden. Meine Aufgabe war es lediglich, dich hierher zu locken, du Tölpel.“ Link antwortete erneut nicht und schlug mit dem Schwert auf das Eis ein, dass er damit zum Splittern brachte. Molly war dabei erneut Eis zu spucken und der gewandte Kämpfer hatte sich immer noch nicht befreien können. Elegant und böswillig warf der Drache seinen Kopf zurück, öffnete das riesige Maul mit den messerscharfen Zähnen und setzte zur Attacke an. Fluchend rüttelte Link kräftig an seinem Bein herum und schlug weiterhin auf das klitschige, schleimige Eis ein, aber er konnte es keinen Zentimeter bewegen. Er sah das Eis bereits aus dem Maul der Kreatur steigen, als er eine Idee hatte. Er nahm das Schwert in die rechte, als seine zitternde linke Hand zu seiner Hosentasche wanderte. Er ergriff einen kleinen Gegenstand heraus. Wurfsterne. Link schmetterte einen und traf das Auge des Eiskopfes. ,Danke, Naranda’, schallte es durch Links Kopf. Jauchzend warf sich das Biest nach hinten, rammte die klitschigen Wände und schien für einige Sekunden wie gelähmt. Link nutzte die kurze Zeit und ergriff hastend die Initiative sich vollends aus dem Eis zu befreien. Als Molly ihre Gesichtsfelder wieder zu ihm wand, stand Link auf den Beinen und grinste hinterhältig zu ihr hinauf. „Du hast mich unterschätzt. So schnell gebe ich nicht auf“, war alles, was er sagte, als er sich wieder auf sie stürzte. Der Heroe rannte zwischen ihren riesigen Klauen hindurch und war wie der Blitz an ihrem Schwanz angelangt. Mit seiner Klinge in beiden Händen schlug er darauf ein, sodass schwarzes Blut ihm entgegen spritzte. Der Drache wand sich gekonnt nach hinten und verpasste Link mit einer Vorderpfote einen kräftigen Hieb. Gnadenlos wurde der Heroe mit einem markerschütternden Schrei durch die Luft geschleudert und landete mit einem unangenehmen, weiteren Knacken an der Wand. Er war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren, schmeckte das Blut einer aufgeplatzten Lippe, rappelte sich aber unter Schmerzen wieder auf. Das war wohl nix, sagte er zu sich selbst und kniff ein Auge zusammen, als Molly auf ihn zulief. Vielleicht war die Idee mit dem Schwanz doch nicht die beste Lösung. Link nahm wieder einen Wurfstern und überlegte. Aber ja... Er zielte auf ein weiteres Auge, als Molly zum Feuerspeien ansetzte. Doch diesmal wich sie dem Schuss aus und rannte weiterhin in seine Richtung. Der einstige Held der Zeit setzte zum Sprung an und landete auf ihrem schuppigen Rücken. Hastig rannte er auf einem der langen, spröden Hälse entlang, bis er auf dem Kopf stand. Molly bewegte sich heftig hin und her und wollte Link klarerweise zum Fall bringen. Schwankend hielte sich der Kämpfer an einer hellroten, pelzigen Mähne fest. Hin und her warf sich das Ungetüm, stieß Hitzewellen und Eisstürme aus seinen Mäulern und stapfte mit den Riesenpfoten heftig auf den Boden. Der andere Kopf schnellte zu Link und versuchte ihn herunterzustoßen. Gekonnt wich er aus, und stach das Schwert in den Kopf des Ungetüms hinein. Molly schrie panisch auf, während sich der Schwertkämpfer nun vollends nicht mehr halten konnte und heruntersprang. Ein angenehmes Gefühl wieder sicheren Boden unter den Füßen zu haben. Der Schweiß trat dem Helden über der Stirn und er spürte, wie langsam seine Kräfte schwanden. Er atmete einmal tief aus und stützte sich auf seinem Schwert ab, um für einige Sekunden zu verschnaufen.

Die Leute waren inzwischen am Ende der Höhle angelangt und kletterten so gut es ging nach draußen. Als sie endlich wieder Tageslicht erblickten und auf dem Grund des Sees standen, kamen auch schon einige Feuerwehrleute angelaufen. Sian war jedoch wie aus dem Nichts als erstes bei den Menschen und erkundigte sich, was vorgefallen war. „Schrecklich. Es war schrecklich. Ein junger Mann ist aufgetaucht und ringt inzwischen mit dem... Monster“, rief ein Mann. „Monster?“ „Es war die vermisste Molly und ist jetzt ein Drache. Mein Gott... der arme Junge.“ „Link...“, sagte Sian dann. „Ist er denn immer noch da unten?“ „Allerdings, er hat uns allen das Leben gerettet...“, meinte eine Frau. „Irgendwer muss diesem Jungen doch helfen...“ In dem Augenblick rannte Pat herbei, während Trolli einmal mehr das Weite gesucht haben musste. „Wo ist Link“, fragte Pat entgeistert. „Da unten...“, war alles, was Sian dazu sagte und auf die Öffnung der Höhle deutete. „Hören Sie mir bitte zu“, sagte der Kerl mit den rotbraunen Augen. „Vergessen Sie, was da unten passiert ist. Es darf auf keinem Fall an die Öffentlichkeit gelangen. Also bitte, denken sie sich eine plausible Erklärung für den Vorfall aus und seien sie dankbar, dass ihnen das Leben gerettet wurde.“ Doch die Anwesenden schienen nur Unverständnis zu zeigen. „Wenn gewisse Leute herausfinden, dass der Vorfall missglückt ist, werden möglicherweise andere Leute in ein ähnliches Unglück geschickt, oder vielleicht sogar sie selbst. Sie müssen unbedingt Schweigen bewahren, auch im Sinne des Retters.“ Damit schaute Sian wieder zur Öffnung der Höhle und hoffte inständig, dass Link in Ordnung war. Plötzlich hörte der Held ein Rauschen, und er ahnte bereits woher es kam. „In wenigen Minuten wird das Wasser wieder den ganzen See ausfüllen...“, rief Molly. „Bis dahin ist noch genug Zeit, um mit dir abzurechnen“, sagte Link stur und rannte mit einem lauten Kampfschrei auf sie zu, nahm das Schwert kraftvoll in beide Hände bereit für eine mörderische Attacke. Molly holte mit einer Kralle wieder nach ihm aus. Link hielt seine Klinge als Schutz vor sich. Aber durch die Kraft des Monsters wurde diese meterweit weggeschleudert und landete an der Decke. Entsetzt rannte Link zurück in die Nähe der Fackeln und wich schutzlos ihren scharfen Klauen aus. „Jetzt ist es aus“, rief Molly siegessicher und schlug wie wild geworden nach dem Helden. Dieser schaute entgeistert und von seinem Mut verlassen in alle Richtungen, sein Blick verlor sich auf der Klinge, die an der Decke steckte. „Was jetzt“, murmelte er. Inzwischen war er soweit nach hinten gelaufen, dass er mit dem Rücken an der Wand stand. Molly kam auf ihn zu: „Du sitzt in der Falle, Held der alten Welt... haha. Wenn ich dich erst beseitigt habe, wird mein Meister sehr begeistert sein.“ Link sah auf, trotz allem noch mit standfestem, tapferen Blick. „Beantworte mir eine Frage, Molly. Bist du immer schon dieser Dämon gewesen oder warst du tatsächlich einmal ein Mensch?“ „Was soll das?“ Nun lag sogar die Spur Mitleid in Links Augen. „Beantworte mir diese eine Frage, bevor du mich tötest?“ „Ja, ich war ein Mensch, wen interessiert’s?“

„Was ist mit deinen Eltern? Hast du sie nicht geliebt? Weshalb hast du sie umgebracht, wenn du doch ein menschliches Herz besessen hast?“ Molly bewegte sich ein Paar Schritte nach hinten und schrie: „Hör’ auf damit?“ „Du kannst es nicht hören, oder?“ „Verflucht, hör’ auf damit!“ Ihre Stimme klang kläglich und in der Wenigkeit eines Augenblicks kam ein Fetzen ihrer menschlichen Stimme zum Vorschein. „Innerlich wirst du immer ein Mensch bleiben, egal, was man mit deinem Gehirn angestellt hat. Du hast deine Eltern auf dem Gewissen. Kannst du mit dieser Schuld in deinem Leben noch irgendwann Ruhe finden?“ Link hörte nicht auf mit seinen Fragen, die sich tief in ihr Herz hineinfraßen. „Nein. Halt’ endlich deinen Mund“, tobte der Drache. Dann spuckte er Feuer wild um sich. Link nutzte die Gelegenheit und sprang erneut gekonnt auf ihren Rücken und versuchte das Gleichgewicht zu halten. Molly richtete sich auf und schlug wild geworden mit ihren scharfen Klauen und beiden Köpfen um sich. Der Held blickte zur Decke und sah sein Schwert in greifbarer Nähe. Er sprang. Als seine Hände das Schwertheft berührten, gewann er mit der Klinge seine Entschlossenheit, seinen unvergleichlichen Mut, zurück. Er klammerte sich an das Heft und zog es aus der Decke. Mit der Klinge in seinen Händen ließ er sich auf den Rücken des Drachens fallen und stach zu. Dann rannte er in Richtung der Köpfe und trennte mit einem jauchzenden Kampfschrei den feuerspuckenden Kopf ab. Schwarzes Blut spritzte ihm entgegen und ein wenig getötetes Leben befleckte Links alte Seele... Der Klang des rauschenden Wassers wurde deutlicher. Erschöpft sprang Link zurück auf den Boden, noch immer ein mitleidiger Blick in seinen tiefblauen Augen. Molly war außer Kontrolle und schlug wild um sich. Nein, er hatte keine Wahl, er musste sie töten. Die Chance auf eine Rückverwandlung hatte Molly schon lange verspielt. Genauso wie sie ihren letzten Rest Menschlichkeit ausgehaucht hatte. Link rannte, mit Zweifeln und der Gewissheit einen verunstalteten Menschen zu töten, auf das Geschöpf zu, sauste unter den weichen, hautfarbenen Bauch und stach ihr in das von Übel, Hass und Dämonen zerfressene Herz. Der Drache brach kraftlos zur Seite. In dem Moment verwandelte sich seine Gestalt wieder schlürfend in die eines unschuldigen Mädchens. Link kniete nieder, fühlte sich scheußlich und unfähig, und fuhr über Mollys grüne Augen, sodass sie sich schlossen. Mehr als Mitleid. Hass kam in ihm auf, Hass auf denjenigen, der ihr das angetan hatte. Dieses unschuldige Kind hatte derartiges nicht verdient... Wieder ein Opfer. Ein Opfer das Bösen für bestialische Triebe nach Macht und Kraft... Inzwischen standen Links Turnschuhe unter Wasser. Wird Zeit, dass ich hier verschwinde, dachte er und rannte in Richtung Ausgang. Der Wasserspiegel stieg schneller an, als erwartet und das Rauschen kam sicherlich von einem der unzähligen Gänge. Link hatte keine Zeit, erst noch seine Taschenlampe herauszukramen und verließ sich auf sein Gedächtnis, um den Weg zu finden. Allmählich fühlte er sich miserabel. Seine Kräfte schwanden immer mehr. ,Schneller.’, sagte er, um sich anzuspornen. ,Bloß nicht schlapp machen.’ Das Wasser war nun unheimlich nahe, zu nahe. Taumelnd blickte er nach hinten und wenn er in der Dunkelheit etwas sehen konnte, dann war es mit Sicherheit das zurückgekehrte Wasser. Es holte ihn ein und zerrte ihn mit. Link rang tief nach Luft, versuchte unter Aufbietung aller Kräfte zu schwimmen, um nicht an die Kanten der Höhle zu stoßen. In dem Augenblick rutschte das Heft des Schwertes aus seiner Hand. Nein... mein Schwert. Er wollte noch danach greifen, aber es versank schnell und leblos in der Dunkelheit. Verloren... Link wurde weiterhin mitgespült und seine Luft knapp. Plötzlich erblickte er Licht. Die Öffnung der Höhle... Er durchquerte die Öffnung und fühlte nun, wie eiskaltes Wasser in seine verbrauchten Lungen strömte. Er schwamm mit seinem starken Willen und einer ungewissen Kraft, von der er nicht wusste, woher sie stammte weiter und hoffte, dass die Oberfläche zum Greifen nahe war. Trübe sah der Heroe nach oben und erkannte das schwummrige Licht einer Sonne, die über dem Camp stehen musste. Dabei ohnmächtig zu werden, kämpfte sich der Held durch das kalte Wasser. Dunkelheit breitete sich über seinen Augen aus, aber er bewegte sich immer noch nach oben über das Wasser, kämpfte gegen die Gewalt der Natur, kämpfte um sein Leben. Die Zeit hatte in seinen Augen sich selbst betrogen und ihr Puls schien still zu stehen. Link schwamm immer noch, auch wenn er sich nicht mehr sicher war, ob es lediglich sein Geist war, der sich fortbewegte.

Er tauchte auf, fühlte wie Luft beinahe schmerzhaft in seine Lungen strömte und atmete hastig ein. Wie er es Sekunden später ans Ufer geschafft hatte, wusste er nicht mehr. Er krabbelte langsam auf ein Stück Wiese und brach mitgenommen auf seinen wackligen Armen zusammen. Sein ganzer Körper erschien ihm wie gelähmt, wie taub. Mühsam drehte er sich und schaute in den rotgefärbten Abendhimmel. ,Ich hab’s geschafft.’ Der einzigste Gedanke, der ihm einfiel. ,Ich hab’s geschafft.’ Er schloss seine Augen. Allmählich kamen auch seine anderen Sinne wieder zurück. Und er vernahm Stimmen. Sogleich öffnete er seine Augen und sah in Sians rote Augen, die ihn von oben herab anblickten. „Alles in Ordnung“, fragte er. „Geht so“, murmelte Link sichtlich benommen und hatte plötzlich ein idiotisches Grinsen auf dem Gesicht. „Kannst du aufstehen?“ „Ich kann’s ja mal versuchen“, meinte Link und richtete sich langsam auf. Jede einzelne Körperzelle tat ihm weh, ließ man die Beulen, Schnitte und Blutergüsse mal außer Acht... Erst jetzt sah er am anderen Ufer unzählige Leute stehen unter anderem auch Pat entgeistertem Gesicht. Und Link ahnte in dem Augenblick, dass Patrick die Wahrheit erkannte hatte, wenn auch nur die, die er selbst für wahr erachten wollte. Sian half Link beim Aufstehen und Himmel, ein seltsames Gefühl wieder auf den Beinen zu stehen. Link unterdrückte den Gähnzwang und versuchte sich wach zu halten, in dem er sich den Sand aus den Augen wischte. „Ich brauch’ jetzt erst mal eine ordentliche Mahlzeit“, sagte Link und ließ sich nichts von dem soeben gefochtenem Kampf anmerken. Sian grinste. „Das kannst du haben, komm’ ich lad’ dich ein, wenn du dich noch wach halten kannst.“ „Echt?“
„Ja, bin schließlich neugierig, was in der Höhle vorgefallen ist.“ Link atmete tief ein und winkte Pat zu, der sich von dem Ufer entfernte.