Link wird erwachsen
Die Geschichte eines Helden, der am liebsten immer noch in seinen Kinderschuhen stecken möchte, anstatt den bitteren Ernst des Lebens zu verspüren. Hier ist die zweite Fanfiction von Menevoreth!

Autor: Menevoreth


»Link! Nimm die Füße vom Tisch!«
Ich stöhne entnervt, denke aber nicht daran, es zu tun. Warum auch? Jahrelang habe ich das getan, meine Kindheit geopfert und bin doch nie zu einem Ergebnis gekommen.
»Du machst die Möbel kaputt!«
Welch Abwechslung zum sonstigen „du musst retten, reparieren, besorgen …«
»Und müsstest du nicht eigentlich in der Schule sein?«
Wozu denn? Ich spreche doch schon fließend die Sprachen der Gerudo, der Zora, der Deku und der Goronen. Ach ja, Hylianisch beherrsche ich ja auch noch. Außerdem bin ich Meister der Diplomatie – weniger der der Worte, aber der der Taten. Denn irgendwie waren bisher alle der Meinung, ich wäre am Nützlichsten, wenn ich meine Klappe halte und brav das tue, was andere von mir verlangen.
»Du verpasst den Mathe-Unterricht!«
Ich weiß, wie viele Rubine ich inzwischen angehäuft habe. Und ein Bankfach, in das nichts mehr passt, habe ich auch, ganz zu schweigen der Raum, in dem fast mein gesamtes Vermögen lagert. Das reicht doch schon.

»Und hier liegt ein Brief für dich. Da steht aber kein Absender drauf. Nur, dass es sich um einen Notfall handelt.«
Nein danke, ohne mich.
Sollen die sich doch einen anderen Deppen suchen. Mein armes Pferd hat auch schon keine Lust mehr, sich ständig neue Narben zuzuziehen.
»Hier steht, er sei von Zelda. Bestimmt eine Fälschung. Was soll die Prinzessin schon von dir wollen?«
In etwa das Gleiche wie die Prinzessin der Zoras auch. „Rette mich! Ich bin ja so klein, schwach und hilflos!“ Wieso bin ich eigentlich immer der einzige, der sich aus Eis befreien kann? So schwer ist das doch nicht! Nur ein wenig bewegen und schon ist man wieder frei. Ja, ich gebe es ja zu. Die eine oder andere kleine Erfrierung hat man hinterher, aber es gibt wirklich an jeder Ecke eine nette Fee, die gewillt ist, einem zu helfen.
»Sie schreibt irgendetwas von einem Ganon und das du sie vor ihm beschützen sollst. Ist das ihr Vater?«
Ganon … Kann der nicht einmal Ruhe geben? Soll er sich halt Zelda nehmen. Dann bin ich die beiden wenigstens los. Soll Ganon doch die Herrschaft an sich reißen. Wenn die Leute nicht so viel rumjammern würden und ihre Probleme endliche einmal selbst lösten, dann könnte ich mich in aller Ruhe mit Salia in die Wälder zurückziehen und die Pflanzenwelt mit ihr bewundern. Ich will keine verwüsteten Gebiete mehr durchreisen. Das ist voll frustrierend, ständig nur verbrannte Erde und umgestürzte Bäume zu sehen. Ich als Kokiri … Hyrulianer … was auch immer, habe schließlich ein Recht auf meine Privatsphäre.

»Wie furchtbar. Sie schreibt, ihr Vater sei ermordet worden!«
Meiner auch. Na und? Passiert halt.
Hat je einer Rücksicht darauf genommen, dass es nicht nur anderen schlecht geht, sondern auch mal dem, bei dem sich alle ausheulen? Was kann ich denn dafür, dass die Käfer nicht zur Teeparty kommen oder der größte Fisch im Teich noch nicht gefangen wurde? Oder ist es meine Schuld, wenn sich ein Anführer in ein Monster verwandelt? Kleinen Kindern wird schließlich auch ständig gepredigt, sie sollen fremden nicht die Tür öffnen. Außerdem habe ich die Nase davon voll, ständig in irgendetwas verwandelt zu werden. Mal ein Wolf, dann wieder ein Deku. Oder wahlweise auch ein Zora oder ein Gorone. Ach, richtig, in ein Monster wurde ich ja auch schon mal verwandelt.
»Link, wo sind denn deine Schilde und Schwerter geblieben? Ich wollte sie gerade zum polieren wegbringen. Mit irgendetwas musst du dich ja schließlich verteidigen, wenn du der armen Zelda hilfst. Das arme kleine Ding …«
Oh nein. Ich bleibe jetzt einfach hier sitzen, schließe meine Augen, zähle langsam bis zehn; und wenn ich meine Augen dann wieder öffne, wird sich herausstellen, dass das nur ein schlechter Scherz war und ich, mit etwas Glück, das vielleicht sogar nur geträumt habe.

Eins … Zwei … Drei … Vier …
Das muss einfach klappen.
Sieben … Acht … Neun … Zehn.
So, und jetzt werde ich die Tür öffnen, nach draußen gehen und … … …

Och nö! Nicht schon wieder.

The End